21.07.2005
Entwicklung einer lebendigen Bürgergesellschaft!
Bilanz und Perspektiven der Engagementförderung durch die SPD-Bundestagsfraktion ' von Ute Kumpf, MdB und Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion sowie Sprecherin der Arbeitsgruppe Bürgerschaftliches Engagement
Das bürgerschaftliche Engagement hat für die SPD-Bundestagsfraktion einen unverzichtbaren Wert, wenn es darum geht, „gelingende Demokratie“ zu ermöglichen und Mitwirkungsmöglichkeiten für alle in Deutschland lebenden Bürgerinnen und Bürger zu eröffnen. Für die Demokratie ist die Existenz einer lebendigen Zivilgesellschaft und eines gemeinwohlorientierten Bürgerengagements von entscheidender Bedeutung.
Bürgerschaftliches Engagement hat viele Gesichter.
Aktivitätsformen wie das Stiften und Spenden von Geld, die Mitwirkung in Selbsthilfegruppen, aber auch die Beteiligung an konventionellen und nicht-konventionellen Formen politischer Partizipation gehören ebenso dazu wie das klassische Ehrenamt. Ob in der Schule, im Kindergarten und in Elterninitiativen, im Sport- und Musikverein, in der Kultur, bei der Arbeit mit Jugendlichen wie Seniorinnen und Senioren, in Hospizen oder Pflegeheimen, in Bürgervereinen, Stadtteilinitiativen oder in der Lokalen Agenda, in Umweltprojekten, bei der Feuerwehr und dem Roten Kreuz bis hin zu Kirchengemeinderäten – Menschen sind engagiert unterwegs.
Bürgerschaftliches Engagement hält die Gesellschaft zusammen. Wer sich freiwillig engagiert, leistet seinen Beitrag zu einer Gesellschaft, die auf Vertrauen und Solidarität, Eigeninitiative und Verantwortung setzen kann. Über 23 Mio. Menschen sind in Deutschland ehrenamtlich aktiv. Die aktuellen Ergebnisse des Freiwilligensurveys zeigen eine Zunahme des Engagements von 34 % auf 36 %.
Dieses Ergebnis bestätigt uns in unserer Arbeit. Bürgerschaftliches Engagement ist in den letzten Jahren im Bundestag von 1999 bis 2002 durch die Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ und seit 2003 durch den Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement“ sowie in der Fraktion seit 1998 durch unsere Arbeitsgruppe ein fester Bestandteil in den Strukturen der Fraktion und des Bundestages geworden. Wir konnten dadurch Impulse für die inhaltliche Arbeit setzen und Engagementförderung als Querschnittsaufgabe profilieren. Durch das Internationale Jahr der Freiwilligen 2001 und das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) gab es zusätzliche wichtige Impulse.
Die Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagaments“ erarbeitete seit 1999 konkrete politische Strategien und Maßnahmen zur Förderung des Engagaments. Wir haben die Arbeit der Kommission mit einer eigenen Arbeitsgruppe ständig begleitet und setzten seit 2002 die Empfehlungen Schritt für Schritt um. Dabei ging und geht es uns schwerpunktmäßig um die Ver-esserung beim Schutz der bürgerschaftlich Engagierten, um die Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen, um Entbürokratisierung und Bürgerbeteiligung und natürlich um mehr Anerkennung der wichtigen ehrenamtlichen Arbeit.
Begleitend haben wir zu den Themen „Unternehmen, Europa bzw. Schule und Bürgerschaftliches Engagement“ Fach-Kongresse veranstaltet.
Förderung des bürgerschaftlichen Engagements durch die SPD - eine politische Zwischenbilanz von 1998-2005
15. Legislaturperiode
• Auf Initiative der SPD-Bundestagsfraktion wurde 2003 erstmals ein parlamentarischer Un-terausschuss „Bürgerschaftliches Engagement“ eingesetzt. Der Unterausschuss hat in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, dass eine Reihe von Empfehlungen - insbesondere zum Schutz der Engagierten - bereits umgesetzt wurden.
• Wir begrüßen ausdrücklich die Gründung des Bundesnetzwerkes Bürgerschaftliches Enga-gement im Juni 2002. Das BBE ist ein Zusammenschluss von über 170 Organisationen aus Bürgergesellschaft, Politik und Wirtschaft mit der gemeinsamen Aufgabe, nachhaltig best-mögliche rechtliche, institutionelle und organisato-rische Rahmenbedingungen für das bürger-schaftliche Engagement zu schaffen.
• Demokratie braucht Transparenz. Wir haben 2005 das Informationsfreiheitsgesetz verab-schiedet, dass den umfassenden Zugang zu amtlichen Informationen der Behörden des Bun-des gewährleistet, wobei der Geheimnis- und Datenschutz erhalten bleibt. Das Gesetz tritt am 1. Januar 2006 in Kraft.
• Wir haben den Unfallschutz durch das Gesetz zur Erweiterung der gesetzlichen Unfallversicherung, das am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist, verbessert. Damit setzen wir eine langjährige Forderung vor allem der Vereine um. Mit diesem Gesetzentwurf werden nun mehr ehrenamtlich Engagierte in den gesetzlichen Unfallschutz miteinbezogen. Dies gilt z.B. für Engagierte, die in privatrechtlichen Organisationen im Auftrag oder mit Zustimmung von öffentlich-rechtlichen Institutionen tätig werden oder auch für gewählte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen, Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften. Gemeint sind damit u.a. Mitglieder eines Schulvereins, der in Eigenleistung die Renovierung von Klassenzimmern übernimmt, oder eine ehrenamtliche Rettungsschwimmerin, die bei einem Rettungseinsatz ihr Handy verliert.
• Das Bundesfinanzministerium hat auf Empfehlung des Unterausschusses „Bürgerschaftliches Engagement“ im November 2004 in einem Schreiben an die Obersten Finanzbehörden der Länder klar gestellt, dass für geprüfte Satzungen von gemeinnützigen Körperschaften Vertrauensschutz besteht. Wird also bei einer späteren Überprüfung der Körperschaft fest-gestellt, dass diese Satzung doch nicht den Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts ge-nügt, ist die Körperschaft grundsätzlich trotzdem für das beanstandete Kalenderjahr als steu-erbegünstigt zu behandeln.
• Mit der Neuregelung der 400 Euro Minijobs haben wir die Kritik der Verbände aufgenommen und neue Gestaltungsspielräume für die Vereine geschaffen. Seit 2003 können auch Übungs-leiter, die sich für ein geringes Entgelt in den Vereinen engagieren, bis zu 400 Euro brutto ab-gaben- und steuerfrei dazu verdienen. Durch die Kombination von einem Minijob mit der steuerfreien Aufwandsentschädigung für ÜbungsleiterInnen in Höhe bis zu 1848 Euro pro Ka-lenderjahr haben die Sportvereine nun einen besseren Gestaltungsspielraum, der die Planung des Umfangs der Einsätze von Übungsleitern deutlich vereinfacht.
• Die Forderung der Freiwilligenagenturen nach Anerkennung ihrer Gemeinnützigkeit wurde aufgenommen und nach einer Absprache des Bundesfinanzministeriums mit den obersten Finanzbehörden der Länder umgesetzt. Seit 2003 können Freiwilligenagenturen wegen Förderung der Bildung (§ 52 Abs. 2 Nr. 1 AO) als gemeinnützig behandelt werden, weil das Schwergewicht ihrer Tätigkeit in der Aus- und Weiterbildung der Freiwilligen liegt.
• Die bestehende Rechtslage bei der steuerlichen Behandlung von ehrenamtlich Tätigen wird neuerdings durch Veröffentlichung in Vereinsbroschüren der Länder klar gestellt: Nach der Praxis der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung sind Einkünfte aus ehrenamt-licher Tätigkeit bis zu einem Betrag von jährlich 256 Euro steuerfrei.
• Ersatz der Gefährdungshaftung im steuerlichen Spendenrecht durch Verschuldenshaftung. In der Praxis legen die Gerichte die Haftungsregelung des § 10 Abs. 4 EStG zugunsten der gemein-nützigen Körperschaft so aus, dass die Körperschaft nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ihrer Vertreter haftet.
• Wir wollen verbesserte Rahmenbedingungen für Jugendfreiwilligendienste und die klassischen, aber auch die internationalen – nachhaltig weiter entwickeln, ausbauen und sichern. Unser Ziel bleibt: Erhöhung der geförderten Plätze für Jugendfreiwilligendienste auf 30.000 Plätze Hand in Hand mit den Trägern. Unser Antrag „Zukunft der Freiwillligendienste“ wurde im April 2005 fraktionsübergreifend durch den Bundestag angenommen.
• Wir setzen uns für die Entwicklung generationsübergreifender Freiwilligendienste in Mo-dellprojekten ein. Im Haushalt des Bundesfamilienministeriums stehen dafür für 2005 ca. 10 Mio. Euro zur Verfügung. Insgesamt sollen in den nächsten Jahren rund 50 Projekte gefördert werden.
• Der Freiwilligensurvey wurde 2004 zum zweiten Mal nach 1999 durch das Meinungsfor-schungsinstitut TNS Infratest Sozialforschung durchgeführt. Der Survey ist eine repräsenta-tive bundesweite telefonische Umfrage unter 15.000 deutschsprachigen Personen. Erfasst werden soll, wie sich die öffentliche Beteiligung und das freiwillige Engagement in Deutsch-land seit 1999 entwickelt haben. Die Haupttrends: Deutliche Zunahme öffentlicher Beteiligung, Zunahme des freiwilligen Engagements um 8 %. Ehrenamtliche fordern mehr öffentliche Auf-klärung und mehr Medienpräsenz.
Das Zentrum für Türkeistudien hat zusätzlich erstmals auch das freiwillige Engagement von TürkInnen in Deutschland untersucht. Dafür wurden 1.500 türkeistämmige MigrantInnen befragt. Fast zwei Drittel beteiligen sich aktiv in Vereinen, Verbänden, Gruppen oder Initia- tiven. Der Anteil an freiwilligem Engagement macht allerdings nur einen Anteil von zehn Pro- zent aus. Dies ergab eine Umfrage des Zentrums für Türkeistudien unter 1.500 türkeistäm- migen MigrantInnen.
• Im Februar 2004 fand in Berlin der Kongress „Engagement macht Schule“ der SPD-Bun-destagsfraktion unter Federführung der Arbeitsgruppe „Bürgerschaftliches Engagement“ mit über 200 TeilnehmerInnen statt. Der Kongress hat einen Anstoß zur Debatte geliefert, wie sich Schule auch mit der Unterstützung durch das IZBB-Programm der Bundesregierung für das Engagement öffnen kann. Im Jahr 2001 befaßte sich ein Kongress der Fraktion mit der The-matik „Unternehmen und bürgerschaftliches Engagement“, im Jahr 2002 organisierte die Fraktion einen Kongress zu „Bürgerschaftliches Engagement und Europa“.
14. Legislaturperiode
• Das Stiften wurde durch ein neues Stiftungssteuer- und zivilrecht erleichtert. Dadurch wur-den die Stifterfreiheit gestärkt sowie bürokratische Hürden für Stifterinnen und Stifter abgebaut.
• Die Übungsleiterpauschale wurde seit 20 Jahren erstmals wieder auf 154 Euro monatlich erhöht und um den Kreis der Betreuer erweitert und zudem in eine steuerfreie Einnahme umgewandelt.
Übrigens: haben sich immer sozialdemokratische Bundeskanzler für die Übungsleiterpauschale stark gemacht haben. Willy Brandt hat sie in Höhe von 100 DM monatlich eingeführt. Unter Helmut Schmidt wurde der Betrag auf 200 DM angehoben. Und wir sind noch einen Schritt weitergegangen. Eine aus öffentlichen Kassen bezahlte Aufwandsentschädigung in Höhe bis zu 300 DM (154 Euro) pro Monat wird der Übungsleiterpauschale gleichgestellt. Davon profitieren insbesondere Freiwillige Feuerwehren und Katastrophenschützer.
• Mit der Änderung der Lohnsteuer-Richtlinien werden seit 2002 die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen für ehrenamtliche Tätigkeiten weiter verbessert. Aufwandsentschädigungen aus öffentlichen Kassen für gemeinnützige Tätigkeiten werden seitdem ohne weiteren Nachweis bis zu einem monatlichen Betrag von 154 Euro als Aufwand steuerlich anerkannt. Unter diese Regelung fallen z.B. auch die Mitglieder der freiwilligen und kommunalen Feuerwehren.
• Das Spendenrecht wurde grundlegend überarbeitet und von Bürokratie entrümpelt. Immer wieder vorgebrachte Forderungen der Vereine wurden damit eingelöst, die vom Staat finanzielle Unterstützung und bürokratische Entlastungen erwarten. Durch die Änderung des Spendenrechts erhalten die Vereine u.a. einen schnelleren Zugang zu den Spendengeldern.
• Wir haben deutlich verbesserte Fördermöglichkeiten für Selbsthilfegruppen geschaffen. Die gesetzlichen Krankenkassen sollen Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen, die sich der Prävention oder Rehabilitation z.B. bei chronischen Erkrankungen oder Behinderungen widmen, mit 0,51 Euro pro Versichertem, d.h. mit bis zu ca. 36,2 Mio. Euro jährlich fördern. Dies haben wir im SGB V (§ 20) so geregelt.
• Das Bürgerschaftliche Engagement in der Pflege wurde gestärkt. Durch die Förderung von Modellprojekten werden Möglichkeiten geschaffen, das Zusammenwirken von Pflegeversi-cherung, Familie und bürgerschaftlichem Engagement weiterzuentwickeln.
• Die Finanzbedingungen für die Hozpizarbeit wurden verbessert. 1999 wurde gesetzlich fest-gelegt, dass die gesetzlichen Krankenkassen die stationäre Versorgung von Sterbenden in Hospizen bezuschussen. Eine Erweiterung des § 39a SGB V macht es außerdem seit 2002 möglich, dass die ambulante Hospizarbeit von den gesetzlichen Krankenkassen unterstützt wird.
Unsere Ziele und Herausforderungen
Im Wahlmanifest der SPD bekennen wir uns in der Präambel zu einer lebendigen Demokratie und einer aktiven Bürgergesellschaft. Wir fordern und fördern Eigenverantwortung und Engagement: „Bürgerge-sellschaft ist unverzichtbar für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Wir setzen auf die Viel-falt des Engagements in Vereinen, Wohlfahrtsverbänden, Kirchen, Selbst-hilfegruppen, Freiwilligendiensten, Netzwerken und anderen Organisationen in Ehrenämtern und unterstützen es nachhaltig.“
Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Engagierte taucht als Ziel und Querschnittsauf-gabe in vielen Politikfeldern des SPD-Wahlmanifestes auf von der Innen- über die Sport bis hin zur Arbeitspolitik:
„Wir brauchen mehr direkte Demokratie und damit den Volksentscheid.“
„Wir schaffen die gesetzlichen Rahmenbedingungen, um stärker als bisher private Investoren an der Finanzierung von öffentlicher Infrastruktur beteiligen zu können (ÖPP).“
„Wir werden die Rahmenbedingungen für diejenigen, die sich ehrenamtlich in Sportvereinen und –verbänden engagieren, weiter kontinuierlich verbessern. Sport lebt vom Ehrenamt…“
Bürgerschaftliches Engagement darf nicht zum Lückenbüßer werden. Und es ist nicht zum Nulltarif zu haben. Ehrenamt braucht Hauptamtlichkeit, braucht personelle Unterstützung und Anlaufstellen, Qualifizierungsangebote und eine Kultur der Anerkennung und Wertschätzung.
Bürgerschaftliches Engagement zu ermöglichen und zu fördern, ist und bleibt ständige politische Aufgabe der SPD-Bundestagsfraktion:
1. Verstetigung der Engagementunterstützung
Wir wollen uns für die Wiedereinsetzung des Unterausschusses „Bürgerschaftliches Engagement“ in der nächsten Legislaturperiode einsetzen.
2. Förderung von Freiwilligen- und Netzwerkstrukturen
Bürgerschaftliches Engagement entfaltet sich vor allem in Netzwerken und unterschiedlichen Formen der Kooperation. Wir unterstützen den Erhalt und den Ausbau der Freiwilligen- und
Netzwerkstrukturen – vom Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement bis hin zu Selbsthilfe-kontaktstellen, Seniorenbüros und Freiwilligenagenturen/Zentren.
3. Neue Perspektiven für Freiwilligendienste
Wir wollen die klassischen, aber auch die internationalen Jugendfreiwilligendienste nachhaltig weiter entwickeln, ausbauen und sichern. Unser Ziel ist trotz angespannter Haushaltslage klar: Erhöhung der geförderten Plätze für Jugendfreiwilligendienste auf 30.000 zusammen mit den Trägern. Wir stehen für die Entwicklung generationsübergreifender Freiwilligendienste in den gerade erst begonnenen Modellprojekten.
4. Bürgerschaftliches Engagement in einer älter werdenden Gesellschaft
Der demografische Wandel stellt auch für die Bürgergesellschaft eine Herausforderung da. Die gesamte Gesellschaft kann vom Wissen und der Erfahrung Älterer beim bürgerschaftlichen Enga-gement profitieren. Wir unterstützen Formen des Engagements für die aktiven Älteren, wie z.B. generationsübergreifende Freiwilligendienste. Die Pflege in den Familien, die professionelle Pflege und bürgerschaftliches Engagement sollen sich wirksam ergänzen.
5. Stärkung des Engagements von MigrantInnen
Die Integration von MigrantInnen wird in Deutschland den nächsten Jahren eine wichtige Rolle spielen. Das Engagement von MigrantInnen – nicht nur in ihren eigenen, sondern auch in deut-schen Vereinen und Organisationen leistet einen zentralen Beitrag zur Integration. Wir setzen deshalb auf die verstärkte Einbindung dieser Gruppe in die Engagementstrukturen.
6. Reform des Gemeinnützigkeitsrechts
Wir wollen zusammen mit der Wissenschaft, Verbänden und Organisationen des Dritten Sektors das Gemeinnützigkeitsrecht reformieren. Eine moderne Bürgergesellschaft braucht starke Organi-sationsformen gemeinnütziger Arbeit, deren Finanzierung nicht nur durch öffentliche Mittel trans-parenter, verlässlicher und stabiler gemacht werden muss.
7. Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen
Wir setzen uns weiterhin für die Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Engagierte ein. Trotz der Ausweitung der gesetzlichen Unfallversicherung bestehen weiterhin Versicherungs-lücken für bürgerschaftlich Engagierte. Die von den Ländern Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Berlin mit Versicherungsunternehmen abgeschlossen-en Rahmenverträge im Bereich Unfall- und Haftpflicht kommen besonders den vielen kleinen ehrenamtlich engagierten Initiativen zugute. Wir fordern solche Kooperationen auch für die übrigen Bundesländer.
Wir wollen die arbeitsmarktpolitischen Instrumente der Arbeitsmarksreform (u.a. gemeinnützige Arbeitsgelegenheiten) auf die Engagementverträglichkeit untersuchen.
8. Ausbau der Bürgerbeteiligung und Entbürokratisierung
Die Verwaltung soll für die Beteiligung bürgerschaftlich Engagierter weiter geöffnet werden, um eine bessere Beteiligung an Verwaltungsverfahren zu erreichen. Die „Initiative Bürokratieabbau“ des Bundesinnenministeriums ist ein Schritt in die richtige Richtung, die fortgesetzt werden muss.
9. Einführung direkter Demokratie auf Bundesebene
Engagierte brauchen den Staat an ihrer Seite und Möglichkeiten der Mitsprache und Mitgestaltung. Deshalb setzen wir uns auch weiterhin für die Umsetzung des Gesetzes zur Einführung plebiszi-tärer Elemente ein. Das reicht von Volksinitiativen über Volksbegehren bis hin zu Volksentschei-den.
10. Engagement macht Schule
Aus PISA lernen und Konsequenzen zeihen, heißt – Schule muss sich ändern, Bildung muss sich erweitern. Beteiligung muss ermöglicht werden. Schule muss sich als Lern- und Lebensraum für Bildung und für die Erziehung zum Engagement verändern und öffnen. Unser Kongress „Engage-ment macht Schule“ hat gezeigt, dass für immer mehr Eltern, LehrerInnen, SchülerInnen, Vereine und Institutionen bürgerschaftliches Engagament eine selbtverständliche Form aktiver Mitgestal-tung von Bildung und Erziehung in der Schule ist.
11. Information und öffentliche Anerkennung
Die aktuellen Ergebnisse des Freiwilligensurveys, für dessen Fortsetzung wir uns einsetzen, zei-gen eine Zunahme des freiwilligen Engagements um 2 % von 34 % auf 36 % und die Forderung der Engagierten nach mehr Informationen über Möglichkeiten des Engagements und mehr Me-dienpräsenz. Wichtig ist weiterhin eine Aufwertung durch Studien, wie den Freiwilligensurvey und Kampagnen. Bürgerschaftliches Engagement braucht Hauptamtlichkeit, braucht personelle Unter-stützung und Anlaufstellen, Qualifizierungsangebote und eine Kultur der Wertschätzung mit angemessenen Formen der Anerkennung: von der traditionellen Ehrung über Ehrenamtspässe bis hin zur verbesserten Medienerstattung.
12. Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen
Wir rufen die Unternehmen auf, ihr Engagement für die Gesellschaft zu verstärken und bürgerschaftliches Engagement im Rahmen des „Corporate citizenship“ stärker zu unterstützen, z.B. durch Freistellungsregelungen, Zeitkonten, Spenden und/oder auch Personalüberlassung. Von der Partnerschaft zwischen Wirtschaft, Staat und gesellschaftlichen Gruppen profitieren alle Beteiligten. Wir sind für die Entwicklung eines Gütesiegels für engagementfreundliche Unternehmen.
13. Engagementförderung ist Querschnittsaufgabe
Die Modernisierungskonzepte in der Bildungs-, Gesundheits-, Sozial-, Arbeits-, Jugend-, und Kulturpolitik müssen Möglichkeiten bürgerschaftlichen Engagements und Auswirkungen darauf systematisch einbeziehen. Aktuelle Beispiele sind die Pflegereform, die Reformen auf dem Arbeitsmarkt oder auch der europäische Einigungsprozess.
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