10.08.2005
Auf der Suche nach Kompetenz - Die CDU und ihr Schattenkabinett
Die Spitzen von CDU und CSU kamen am 10. August zum „Strategietreffen“ zusammen. Angela Merkel sprach von einem „Auftakt in die heiße Wahlkampfphase“. Doch das Treffen war nichts anderes als ein Krisengespräch: Die CDU/CSU hat einen klassischen Fehlstart in den Wahlkampf hingelegt. Die Financial Times Deutschland schrieb am 10.8.: „Union und FDP riskieren eine Niederlage, weil sie aus den Fehlern von 2002 nichts gelernt haben.“
Angela Merkel hat Mitte Juli ein unausgegorenes Programm präsentiert – und danach herrschte Ruhe bei der Opposition. Die Welt schrieb am 10.8.: „Offenbar haben viele in der CDU, darunter auch Ministerpräsidenten, den Sieg schon sicher in der Tasche geglaubt und sind erst einmal in Urlaub gefahren, während das Regierungslager die Themen des Wahlkampfs bestimmt.“ In einem anderen Artikel titelte die Welt: „CSU ist unzufrieden mit Wahlkampf-Engagement der CDU“. Deshalb herrscht Katerstimmung bei Angela Merkel. „Die Lage von Union und FDP ist noch viel schlechter als die Stimmung.“, schreibt die Financial Times heute.
In einer Phase, in der die Zustimmung für die CDU/CSU deutlich abnimmt, ist von Angela Merkel nichts zu sehen. Sie ist abgetaucht – wogegen immer mehr Unionspolitiker murren. Angela Merkel will Kanzlerin werden, doch Führung hat sie bisher nicht bewiesen. Ein Beleg: Die Suche nach dem Schattenkabinett. Die Financial Times titelte: „Merkel sucht noch Kompetenz für ihr Team“.
Zahlreiche Abfuhren hat sich Angela Merkel schon geholt. Die Schwergewichte wollen nicht: Christian Wulff und Roland Koch. Einen (marktradikalen) Experten hat sie aufs Abstellgleis gestellt: Friedrich Merz. Edmund Stoiber ziert sich und weiß nicht so recht. Denn eigentlich müsste er ja Kanzlerkandidat sein, hört man leise, aber konstant aus München. Nächste Woche wird Angela Merkel ein Team vorstellen müssen. Große Überraschungen werden nicht zu erwarten sein. Günther Beckstein für Law-and-Order, Peter Müller will aus dem Saarland weg und sich um die Arbeit kümmern, Annette Schavan will als Ministerin das BAföG abschaffen, Michael Glos die Verteidigung übernehmen. Jörg Schönbohm wird wohl nicht mehr darin auftauchen.
Ein starkes Stück: Schwerpunkt der Versprechungen von Angela Merkel ist die Wirtschafts- und Finanzpolitik. Einen Experten im Kompetenzteam hat sie dafür nicht. Und ob es eine gute Idee ist, die Themen zur Chefsache zu machen, darf nach dem Brutto-Netto-Patzer bezweifelt werden. Wie sagte schon Volker Kauder: "Wie will ein Mann, der den Unterschied zwischen brutto und netto nicht kennt, unser Land in eine gute Zukunft führen?" (Rede im Deutschen Bundestag, 14.04.1994)
Zum Nachlesen:
• Merkel sucht noch Kompetenz für ihr Team, Financial Times Deutschland, 10.08.2005, S.10. • Wie vor drei Jahren, Financial Times Deutschland, 10.08.2005, S.26. • CSU ist unzufrieden mit Wahlkampf-Engagement der CDU, Die Welt, 10.08.2005, S.2. • Neue Scharmützel zwischen Union und FDP, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.08.2005, S.1. • Merkel, Die Welt, 10.08.2005, S.8.
|