20.10.2005
Elke Ferner: Die allgemeine Dienstpflicht wäre eine Karrierefalle für Frauen
Zu dem Vorschlag des designierten Verteidigungsministers Franz Josef Jung (CDU), eine allgemeine Dienstpflicht für alle jungen Menschen einzuführen, erklärt die Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF), Elke Ferner, MdB:
Seit Jahren kommt immer wieder der Ruf nach einer allgemeinen Dienstpflicht. Deren Einführung würde bedeuten, dass alle jungen Frauen und Männer einen Dienst - entweder bei der Bundeswehr oder in einer sozialen Einrichtung - ableisten müssten. Die Befürworter eines sozialen Pflichtjahres verweisen gerne wahlweise auf Wehrungerechtigkeit, Arbeitslosigkeit, Pflegenotstand oder alles zusammen.
Dabei dürfte sich wohl inzwischen herumgesprochen haben: Nicht nur das Grundgesetz, auch das Völkerrecht schließt aus gutem Grund einen Zwangsdienst aus. Soziale Notstände lassen sich nicht durch unmotivierte, berufsunerfahrene und nicht ausgebildete Helfer beseitigen! Nicht ohne Grund handelt es sich bei Pflegeberufen um Ausbildungsberufe. Dienst am Menschen erfordert qualifizierte und motivierte Pflegekräfte. Dass junge Menschen soziale Verantwortung übernehmen, ist natürlich wünschenswert, verordnen kann man soziales Engagement aber nicht.
Eine allgemeine Dienstpflicht für Männer und Frauen wäre außerdem alles andere als ein Akt der Gleichberechtigung, schon gar nicht der Gleichstellung. Durch sie wären Frauen doppelt benachteiligt: Frauen leisten seit jeher den größeren Anteil an sozialen Pflichten in unserer Gesellschaft. Sie erledigen Haus- und Familienarbeit und betreuen pflegebedürftige Familienmitglieder. Entsprechend gering sind ihre Karriereaussichten, nicht zuletzt bedingt durch Teilzeitarbeit und Berufsunterbrechungen. Beruf und Familie zu vereinbaren, ist für die meisten Frauen immer noch ein Drahtseilakt. Die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht würde die Gleichstellung von Männern und Frauen im Beruf zusätzlich deutlich erschweren.
Um es klar zu sagen: Die ASF lehnt eine wie auch immer geartete allgemeine Dienstpflicht ab. Soziales Engagement zu unterstützen ist sinnvoll, aber das darf weder auf Kosten von pflegebedürftigen noch von Frauen gehen.
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