14.11.2005
Rede des neuen SPD-Parteivorsitzenden auf dem SPD-Parteitag in Karlsruhe Liebe Genossinnen und Genossen! Verehrte Gäste! Lasst uns Gutes aus diesem Parteitag machen! Vieles auf diesem Parteitag ist anders, als wir es dachten, als wir ihn einberufen haben. Gerhard Schröder ist zum letzten Mal als Bundeskanzler auf einem Parteitag. Es gibt einen Wechsel an der Spitze der Partei. Und wir haben über die Frage zu entscheiden, ob wir in eine große Koalition eintreten. Dieses Jahr 2005 war und ist ein Jahr der Wechselbäder: Anfang des Jahres hatten wir gute Umfragewerte. Wir hatten die Hoffnung, die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen erfolgreich zu bestehen. Dann kam die Wahl in Schleswig-Holstein, in einer Zeit, als es mehr als 5 Millionen Arbeitslose gab, die wir nicht gewonnen haben. Der Tag, an dem in Berlin der Jobgipfel stattfand, wurde überschattet von einem bösen Foul an Heide Simonis. Wir führten über viele Wochen eine Programmdebatte voller Intensität und, wie ich denke, mit guten Ergebnissen. Dann kam die Entscheidung zur Neuwahl, die umstritten war, die die Partei verängstigt und viele Fragen ausgelöst hat. Plötzlich hatten wir Umfragewerte von 24 Prozent, ein Absturz. Danach ein furioser Wahlkampf, ein Wahlkampf, der gegen die Marktradikalen und gegen die Populisten in diesem Land gerichtet war. Und schließlich am 18.9. ein großer Erfolg, aber knapp kein Sieg! Was für ein Jahr, liebe Genossinnen und Genossen, was für eine Berg- und Talfahrt oder was für eine Tal- und Bergfahrt! Damit haben wir uns auf diesem Parteitag auseinander zu setzen. Wir müssen versuchen, Gutes daraus zu machen. Dass es an diesem 18.9. so gut lief, wie es für uns lief - sensationell gut; so haben wir und das ganze Land es empfunden -, haben viele mit erreicht. Aber vor allen Dingen haben wir das Gerhard Schröder zu verdanken, der sich in diesem Wahlkampf in unbändiger Weise engagiert hat, der die Partei mitgerissen und die Partei nach vorne geführt hat. Lieber Gerd, du hast es nicht immer leicht gehabt mit uns - wir auch nicht immer leicht mit dir -, aber im Wahlkampf war unmissverständlich: SPD und Gerd Schröder, das gehört zusammen, das ist eins. Es war ein langer Weg vom Proletarierkind ins Kanzleramt, ein beeindruckender Weg, ein sozialdemokratischer Weg. Sieben Jahre warst du Bundeskanzler in einer Regierung, zusammen mit vielen, die in der neuen Regierung nicht mehr dabei sind: Otto Schily und Hans Eichel, Wolfgang Clement und Peter Struck, Renate Schmidt und Manfred Stolpe, Edelgard Bulmahn und Herta Däubler-Gmelin, Rudolf Scharping und Walter Rieser, Karl-Heinz Funke und Reinhard Klimmt, Kurt Bodewig, Christine Bergmann und Werner Müller. Mit ihnen zusammen, lieber Gerd, hast du vieles in diesem Land in Bewegung gesetzt. Zwei Dinge vor allem werden bleiben: - Erstens: Der Mut zur Erneuerung, die Agenda 2010 zu beginnen. Wir wussten, dass wir sie gegen viele Widerstände durchkämpfen müssen. Aber wir wollten dem Land zeigen: Wenn wir in eine gute Zukunft wollen, dann müssen wir jetzt auf diesem Weg starten. - Zweitens: Aus Deutschland eine friedliche, selbstbewusste Macht zu machen, die im internationalen Konzert sagt: Wir entscheiden selbst darüber, was wir international tun. Dazu gehörte die Bereitschaft Deutschlands, sich auf dem Balkan und in Afghanistan zu engagieren, und beim Irak genauso klar zu sagen: Das wollen wir nicht. Die Agenda 2010 und die Entscheidung zur Friedenspolitik werden bleiben. Das macht uns alle miteinander stolz, lieber Gerd! Lieber Gerd, du hast ein gutes Stück Geschichte dieses Landes geschrieben, du hast ein gutes Stück sozialdemokratischer Geschichte geschrieben. Dass du jetzt in der Verhandlungskommission der letzten Wochen dabei warst, dass du mit diskutiert und Rat gegeben hast, dass du dich eingemischt hast - das war noch einmal ein Stück praktizierter Demokratie und ein Zeichen persönlicher Souveränität. Dazu gehörte auch, dass du zum Schluss gesagt hast: "Die Situation ist jetzt so. Deshalb Ihnen, Frau Merkel, im Interesse des Landes eine gute Zeit als Bundeskanzlerin." Das zeigt menschliche Größe. Lieber Gerd, du hast dich um Deutschland und um die SPD verdient gemacht. Die deutsche Sozialdemokratie, wir alle, sind stolz auf dich und danken dir von Herzen. Bleib präsent! Liebe Genossinnen und Genossen, jetzt stehen wir vor der wichtigen Frage, ob wir in eine große Koalition gehen wollen. Wir haben in den Wochen des Wahlkampfs viel über Weichenstellungen und über Richtungen gesprochen. Das hat uns nun auf eine ganz besondere Art erreicht. So war das eigentlich nicht gemeint. Aber die Situation ist da. Nach dem 18.9. war sehr schnell klar: Ampeln wird es nicht geben. Eine Minderheitsregierung wollten wir nicht und wollten wir auch nicht riskieren. Neuwahlen wollten wir genauso wenig. Deshalb haben wir uns entschlossen, zu versuchen, eine solche große Koalition mit CDU und CSU auf gleicher Augenhöhe hinzubekommen, für vier Jahre, zum Nutzen des Landes. Wir haben in diesen Wochen den Raum möglicher Gemeinsamkeiten neu vermessen, wir haben Schnittmengen gesucht, wir haben Urteile und Vorurteile - auch persönlicher Art - relativiert, wir haben Gesprächsfähigkeit und Kompromisse gefunden. Jetzt stehen wir vor der Frage: Wollen wir handeln? - Ich glaube, es geht. Heute haben wir zu entscheiden, ob die SPD im Jahre 2005 mit CDU und CSU eine Koalition beginnt, ob sie in gemeinsamer Verantwortung für Deutschland handelt, zum Nutzen der Menschen. Leicht wird das nicht; das wissen wir alle. Koalitionen sind nie leicht. Regieren ist nie leicht. Aber besser, liebe Genossinnen und Genossen, mit der Kraft, die wir haben mitregieren, als ohne Einfluss in der Opposition zu sein. Lasst es uns wagen! Lasst es uns wagen, mit Leidenschaft für das Wünschenswerte zu kämpfen, mit Augenmaß das Machbare zu tun und mit Verantwortung für das Ganze zu übernehmen. Das, was vorliegt, ist kein marktradikales und kein populistisches Programm. Westerwelle und Lafontaine werden nicht zustimmen können. Aber das spricht eher für das Programm. Das Programm, liebe Genossinnen und Genossen, hat hinreichend sozialdemokratischen Geist. Jedoch ist es bei weitem nicht reinrassig sozialdemokratisch, das ist wohl wahr. Andererseits gibt es eine alte Erfahrung vom Dorf: Straßenköter sind oft durchsetzungsfähiger und robuster als die feinsinnigen Sensibelchen. Lasst es uns versuchen! Drei Ziele haben wir unter der Überschrift Erneuerung und soziale Gerechtigkeit in die Verhandlungen mit hineingenommen: Die drei Ziele, die darunter standen, sind: Eine starke Wirtschaft, ein sozialer Staat und eine menschliche Gesellschaft. Daran haben wir uns orientiert. Die deutsche Wirtschaft muss stark sein. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir Arbeit haben und Wohlstand in diesem Land sichern können. Auch wenn manche uns das nicht glauben: Sozialdemokraten wissen, dass bei den Bilanzen schwarze Zahlen gut sind. Das ist eine Stelle, wo Schwarz unwidersprochen gut ist. Die Unternehmen müssen erfolgreich sein können. So machen wir auch unsere Politik. Denn das ist die Voraussetzung dafür, dass wir Arbeitsplätze erhalten und neue bekommen können. Das ist allerdings keine Garantie, wie wir in den vergangenen Jahren leider haben lernen müssen. Mit starker Wirtschaft verbindet sich die Zukunftsfähigkeit des Landes. Die Voraussetzungen, die dafür gegeben sein müssen, sind Qualifikationen, sind Forschung und Technologie, ist die Zukunftsfähigkeit des Landes insgesamt. Damit verbindet sich ein gerechter Lohn, ein Lohn, der in Deutschland wieder sicherstellt, dass diejenigen, die jobben, die arbeiten und den ganzen Monat unterwegs sind, die jeden Tag früh zur Arbeit fahren bzw. gehen, mit ihrem Lohn auch leben können, dass sie sich und ihre Familie auch ernähren können. Wir wollen, dass es in Deutschland Wohlstand in der Gesellschaft gibt, dass es eine prosperierende Wirtschaft gibt, aber auch gerechte Löhne und gerechte Bedingungen für die Menschen, die als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in dieser Wirtschaft unterwegs sind. Wirtschaft ist für den Menschen da und nicht umgekehrt. Das bleibt eine Leitlinie sozialdemokratischer Politik. Sozialer Staat, soziale Gerechtigkeit und organisierte Solidarität wird es nur geben, wenn der Staat handlungsfähig ist. Er ist nicht mehr oder nur noch knapp handlungsfähig. Dabei geht es nicht nur um den Bund, sondern damit sind Bund, Länder und Gemeinden gemeint. Die Steuerquote von unter 20 Prozent bei uns im Land lässt den Staat nicht mehr hinreichend handlungsfähig sein. Deshalb müssen wir das ehrlich aussprechen. Wir müssen die Diskussion führen über einen Staat, der in diesem Land von manchen abgelehnt wird. Wir wollen keinen dicken Staat, keinen fetten Staat. Er darf ruhig schlank sein, aber er muss handlungsfähig sein. Deshalb sagen wir: Jawohl, wir wollen einen Staat, der die soziale Idee weiterträgt und der Solidarität in diesem Lande organisiert, der dafür sorgt, dass sich dieses Land auf solidarische Weise organisiert, dass die Menschen in diesem Land wissen: In den Stunden existenzieller Not gibt es Versicherungen, gibt es gegenseitige, organisierte Solidarität. Das gelingt nur, wenn der Staat handlungsfähig ist. Wir bekennen uns dazu: Wir wollen einen handlungsfähigen Staat, der seine soziale Verpflichtung auch erfüllen kann, liebe Genossinnen und Genossen. Das ist unverzichtbar, jetzt und auch in Zukunft. Wir wollen eine menschliche Gesellschaft, eine Gesellschaft, in der keiner, weil er anders ist als andere, Angst haben muss. Eine Gesellschaft, die sich um das große Problem der Integration kümmert. Das kann man nicht mit Bundesgesetzen alleine erreichen. Das findet vor Ort, in den Städten, in den Ländern statt. Das deutet auf ein Problem hin, das man in dieser Konstellation der großen Koalition vielleicht besser lösen kann als anderswo: Alle großen Aufgaben dieses Landes werden wir nur lösen, wenn Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam darangehen, wenn alle Bund, Länder und Gemeinden begreifen, dass sie miteinander die richtigen Gesetze und die richtige Umsetzung organisieren müssen. Das gilt für die Integration, das gilt aber auch für jede Form des Widerstandes gegen Diskriminierung. Das gilt vor allem für Widerstand gegen Extremismus jeder Art, Rechtsextremismus in besonderer Weise. Wir wollen in einem Land leben, in dem keiner Angst haben muss. Keiner, der von der Hautfarbe, vom Namen, von der Herkunft, von der Religion oder von was auch immer anders ist als andere, soll in diesem Land Angst haben müssen. Wir wollen in einer liberalen, urbanen und offenen Gesellschaft miteinander leben, jetzt und auch in Zukunft. Wenn man solche Verhandlungen führt und zu einem Ergebnis kommt, ist es unvermeidlich, dass Häkchen gemacht werden, manche mir rotem Stift, manche mit schwarzem. Ich halte davon nicht so ganz viel. Aber trotzdem ist es wichtig und richtig, sich Klarheit darüber zu schaffen: Hat man das, was möglich war, erreicht? Wir haben nicht alles erreicht. Aber wir haben erreicht, dass die Tarifautonomie gesichert wird. Wir haben erreicht, dass dem Elterngeld der Weg gebahnt wird. Wir haben erreicht, dass es eine Sondersteuer für Spitzenverdiener gibt. Wir haben erreicht, dass ALG II Ost auf Westniveau angehoben wird. Wir haben die Anhebung des Schwellenwertes beim Kündigungsschutz auf 20 verhindert. Wir haben den Ausstieg aus dem Ausstieg aus der Atomkraft abgelehnt. Das sind alles keine Kleinigkeiten, liebe Genossinnen und Genossen. Das ist eine ganze Menge sozialdemokratischen Gedankenguts. Wir wussten: Wir brauchen einen Finanz- und Wachstumspakt. Beides muss stimmen. Wir müssen die Finanzen des Staates in Ordnung haben. Mit Staat ist hier nicht nur der Bund gemeint. Das sind immer Bund, Länder und Gemeinden. Außerdem brauchen wir Wachstum, weil wir letztlich die Finanzprobleme nicht durch Sparen, durch Ausgabenkürzungen und durch Einnahmen lösen werden, sondern nur, wenn wir wieder Beschäftigung und Wachstum und mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in diesem Land haben. Dieser Zusammenhang darf nicht verdrängt werden. Deshalb gibt es den Finanz- und Wachstumspakt, und deshalb gibt es im Jahre 2006 Wachstumsimpulse: Haushaltsnahe Dienstleistungen, Handwerkerrechnungen für Instandhaltung und Modernisierung der Wohnung, im Haus, auf dem Grundstück. Das sind Dinge, die in unserem Programm stehen, alte Bekannte, über die wir in den vergangenen Wochen und Monaten oft gesprochen haben. Das sind Maßnahmen, die für kleine und mittlere Unternehmen, für das Handwerk vor Ort gut sind. Auch die energetische Gebäudesanierung wurde deutlich aufgestockt; sie wurde für die nächsten zwei, drei Jahre mit hoher Attraktivität ausgestattet. Es gibt 25 Milliarden Euro insgesamt im Laufe dieser Legislaturperiode für solche konkreten Maßnahmen. Das ist ein Zeichen, das im Jahre 2006 Schwung bringen soll. Im Jahre 2007 steht die Erhöhung der Mehrwertsteuer an. Das war kein leichter Schritt für uns, weiß Gott nicht! Die 7 Prozent, der so genannte halbe Mehrwertsteuersatz, bleibt allerdings. Der andere steigt von 16 auf 19 Prozent. Bei den besonderen Dingen des täglichen Lebens, auch bei Druckerzeugnissen und in anderen Bereichen, bleibt es unverändert bei 7 Prozent. Das ist dann kein halber Mehrwertsteuersatz, sondern eher ein Drittel wohl wahr! Aber es bleibt bei den 7 Prozent. Von dieser Mehrwertsteuer werden 2 Prozentpunkte zwischen Bund, Ländern und Kommunen geteilt. Das ist auch Geld für die Länderkassen. Elf Bundesländer werden bald keinen verfassungsgemäßen Haushalt mehr haben. Wenn einige christdemokratische Ministerpräsidenten sagen, das ginge auch nicht, weil das objektiv unmöglich sei, ist das ein schlechter Trost für die Politik. Wir müssen wollen, dass sich der Bund und die Länder konsolidieren. Wir dürfen in Deutschland nicht auf Pump und von der Substanz leben. Wir haben riesige Lücken auszufüllen. Davor darf man nicht weglaufen. Wir haben einen Plan für diese ganze Legislaturperiode gemacht. Wir haben miteinander darum gestritten, wie denn die Entscheidungen fallen können. Im Jahre 2006 werden wir die Bedingungen des Art. 115 des Grundgesetzes nicht einhalten können. Das heißt, wir werden mehr neue Schulden machen als wir investieren. Im Jahre 2007 wollen wir es aber wieder hinbekommen, dann auch dauerhaft für diese Legislaturperiode. Wir wollen dann auch die Bedingungen von Maastricht erfüllen nicht weil uns Maastricht so lieb wäre, sondern weil uns Europa so lieb ist. Wenn alle europäischen Länder ignorieren, was mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt gewollt ist, dann sinken die Chancen für Europa, gemeinsam in eine gute Zukunft zu gehen. Dieser Punkt, den ich hier kurz skizziere, war einer der entscheidenden Dreh- und Angelpunkte in diesen ganzen Verhandlungen. Ich sage euch, liebe Genossinnen und Genossen: Manche haben das nicht goutiert, das wir uns in den Vorgesprächen für das Finanzministerium entschieden haben. Ich war sehr dankbar, dass Peer Steinbrück ich will ihn da ausdrücklich nennen - an dieser Stelle gestanden hat. Es war und bleibt gut das sage ich euch voraus , dass im Finanzministerium ein Sozialdemokrat ist, der nicht nur von der Sache etwas versteht, sondern der auch das nötige Rückgrat hat zu bestehen und der dafür sorgt, dass wir hier eine gemeinsame Linie finden können. Ich bin Peer sehr dankbar für das, was er in diesen Wochen geleistet hat. Und das war ja erst der Anfang, Peer. Liebe Genossinnen und Genossen, in Bezug auf die Altersversorgung und die Rentnerinnen und Rentner hatten wir schwere Entscheidungen zu treffen. Wir haben versprochen, dass wir die Renten in dieser Legislaturperiode nicht kürzen. Das klingt verdammt bescheiden. Wenn man weiß, dass Inflation Kaufkraft wegnimmt, dann wird klar, dass das auch bescheiden ist. Es ist aber das, was wir leisten können. Nach unserem geltenden Rentengesetz hätten wir die Renten in diesem Jahr - und auch im nächsten Jahr - um 2 Milliarden Euro senken müssen. Wir tun das nicht. Wir werden die Rentner auch nicht dadurch belasten, dass sie zusätzliche Anteile für die Krankenversicherung bezahlen müssen. Wir werden in dieser Legislaturperiode aber auch nicht obendrauf legen können. Die 2 Milliarden Euro mehr in diesem Jahr und die 2 Milliarden Euro mehr im nächsten Jahr bedeuten, dass wir eine Bugwelle vor uns herschieben, die in zehn Jahren 20 Milliarden Euro ausmacht. Diese muss irgendwann abgebaut werden, wenn unsere Rentenversicherungssystematik überhaupt funktionieren soll. Weil das so ist und weil wir damit im Bewusstsein der Generationengerechtigkeit umgehen müssen - die Jungen müssen es ja bezahlen -, haben wir gesagt: Wir werden mit dafür stimmen, dass wir im Jahre 2007 ein Gesetz erlassen, wonach es ab 2012 möglich sein wird, das Renteneintrittsalter in den entsprechenden Schritten bis zum Jahre 2035 auf 67 Jahre zu erhöhen. Das bedeutet nicht, dass jeder bis 67 Jahre arbeiten muss. Aber das bedeutet, dass derjenige, der dann mit 65 Jahren in Rente geht, einen Abschlag von seiner Rente hat, bis er mit 67 Jahren die volle Rente erhält. Wir haben das sozial eingegrenzt, indem wir gesagt haben: Wer 45 Lebensarbeitsjahre erreicht hat, der wird seine volle Rente auch in Zukunft ohne Abschlag mit 65 Jahren bekommen können. Wir haben uns mit den 67 Jahren nur unter der Bedingung einverstanden erklärt, dass in der Zeit zuvor in einer großen Anstrengung versucht wird, zusätzliche Impulse für die Beschäftigung Älterer - für die, die 50 Jahre, 55 Jahre, 60 Jahre und älter sind - zu geben. Wir müssen etwas abbauen, was sich in diesem Lande in den letzten 20 Jahren leider entwickelt hat. Es kann nicht gut gehen, dass die Leute aufgrund der langen Zahldauer des Arbeitslosengeldes und der kleinen Sozialpläne mit 55 Jahren aus dem Job herausgedrückt werden. Da wir nicht mehr mit 14 Jahren, sondern im Schnitt mit 21 Jahren in den Job gehen und da wir im Schnitt mit 60 Jahren hinausgehen, erreichen wir nur 39 Lebensarbeitsjahre. 39 Prozent von denen, die 55 Jahre und älter sind, sind noch berufstätig. 23 Prozent von denen, die 60 Jahre und älter sind, arbeiten noch. Das kann nicht so bleiben. Um das zu erkennen, braucht man kein Mathematiker zu sein. Volksschule im Sauerland reicht, um zu wissen, dass das so nicht geht. Wir müssen hier etwas tun. Wir müssen dafür sorgen, dass in dieser Gesellschaft endlich wieder kapiert wird: Die 55- und 60-Jährigen laufen zwar nicht mehr so schnell, wie die 25-Jährigen, aber sie haben Wissen, Erfahrung, Können und Teamfähigkeit. Wenn diese Gesellschaft nicht verrückt ist, dann muss sie dafür sorgen, dass die 55- und 60-Jährigen nicht zu altem Eisen gestempelt werden, sondern in den Jobs und in dieser Gesellschaft mittendrin bleiben. Wir haben einen Prüfauftrag für das Schonvermögen bei den AL-2-Empfängern zugesagt. Das ist noch nicht differenziert. Wir wollen aber insbesondere an der Stelle, an der es um die Älteren geht, prüfen, was man tun kann. Wir haben auch bittere Zugeständnisse gemacht. Dazu stehen wir. Die Zahldauer des Arbeitslosengeldes wird nicht verlängert. Wir hatten dazu ein Gesetz eingebracht, wonach die Zahldauer des Arbeitslosengeldes nicht nur bis zum 31. Januar des kommenden Jahres, sondern bis zum 31. Januar 2008 fortgeschrieben werden sollte. Dieses Gesetz ist im Bundesrat gescheitert. Wir haben uns hier nicht mit den Partnern verständigen können. Die wollten ein anderes System, welches besonders zulasten der Jungen gegangen wäre. Deshalb haben wir uns zum guten Schluss nicht verständigen können. Es wird also bis zum 31. Januar 2006 laufen. Danach gilt die Neuregelung mit 12 Monaten bzw. mit 18 Monaten für die Älteren über 55-Jahre. Wir haben zugestanden, dass aus der zweijährigen befristeten Einstellung eine zweijährige Wartezeit - Probezeit - wird. Die Probezeit bleibt wie bisher bei 6 Monaten. Es kann bei der Einstellung aber vereinbart werden, dass eine Probezeit von bis zu 24 Monaten besteht. Die Unternehmen werden das wissen und ich will das nicht schönmalen. Ich sage nur: Die, die wegen ihrer Qualifikation von den Unternehmen gewollt werden, die werden auch die Chance haben, mit einer 6-monatigen Probezeit eingestellt zu werden. Für die anderen wird es schwieriger; wir wissen das. Eine befristete Beschäftigung von zwei Jahren gab es aber auch bisher schon. Wir haben zugestanden, dass es bei der Pendlerpauschale eine Veränderung im Hinblick auf die kurzen Strecken gibt. Die ersten 20 Kilometer werden nicht mehr durch die Pendlerpauschale erfasst. Vor allen Dingen haben wir in einigen Bereichen beschlossen, im Jahre 2006 wichtige Entscheidungen zu treffen. Das haben einige draußen als ein Weglaufen vor den Problemen interpretiert. Das ist es aber nicht. Wir waren nicht auf die große Koalition eingestellt und die anderen auch nicht. Ich kann auch sagen: Die anderen schon gar nicht. Wir brauchten Diskussionen über bestimmte Bereiche. Wo wir gemerkt haben, dass das jetzt nicht gut gehen kann, haben wir gesagt: Wir machen lieber keine Schnellschüsse, sondern wir werden das ordentlich beraten und im ersten Halbjahr 2006 zu Ergebnissen bringen. Ich will kurz zwei Bereiche skizzieren: Erstens der Bereich Gesundheit: Unsere Bürgerversicherung und die Kopfpauschale von CDU/CSU sind nicht vereinbar. Daraus kann man keinen Kompromiss machen. Weil das nicht ging, werden wir das im ersten Halbjahr 2006 miteinander zu beraten haben. Nun werdet ihr sagen: Auch dann kann man keinen Kompromiss daraus machen. Ich sage: Das weiß ich. Genossinnen und Genossen, ich sage euch voraus: Wir werden eine vernünftige Lösung finden müssen. "Vernünftig" heißt: Wir müssen in Deutschland wieder eine Situation erreichen, in der die großen politischen Blöcke - die SPD, die CDU und die CSU - bezüglich der großen sozialen Sicherungssysteme eine gemeinsame Sprache sprechen. Es gab in diesem Lande auch deshalb eine große Sicherheit, weil es dieses Einvernehmen über Jahrzehnte gab und weil die Menschen bezogen auf die existenziellen Fragen wussten, dass sie nicht vom Ausgang der Bundestagswahlen abhängen. Diese Sicherheit, die die Menschen suchen, ist ein großes Gut. Das müssen wir wieder erreichen. Ich weiß noch nicht, wie das aussehen wird, aber ich sage euch: Wir werden darum zu kämpfen haben, dass wir im Verlauf des nächsten Jahres festlegen, wie es in Zukunft im Gesundheitswesen sein wird. Wir müssen die Dynamik der Kosten in diesem Bereich bremsen. Wir müssen aber auch wissen, dass das die größte Branche ist, die wir haben. Über 4 Millionen Menschen sind dort beschäftigt. Den Dienst des Menschen am Menschen darf man nicht kaputtsparen. Das muss auch gelten. Es stellen sich die Fragen, wie man die Finanzierung hinbekommt, welche Aufgaben die Steuern und die Beiträge haben und was man den Versicherten an eigenen Leistungen zumuten kann. Das ist also eine große Aufgabe. In Verbindung damit werden dann auch die Fragen im Hinblick auf die Pflegeversicherung zu beantworten sein. Sie werden erst dann beantwortet, wenn die Dinge im Gesundheitswesen stehen, weil das gewissermaßen eine Folge ist, die sich daraus ergibt. Ich glaube, dass man bei der Pflegeversicherung sehr schnell zu vernünftigen Lösungen kommen könnte. Man muss sich anschauen, dass die gesetzliche und die private Pflegeversicherung nebeneinander stehen und bei sehr unterschiedlichen Bedingungen zu sehr gleichen Leistungen kommen. Das ist völlig ungerecht. Man könnte sagen, dass aus dem privaten Bereich ein Solidarausgleich in die gesetzliche Pflegeversicherung fließen muss. Dann ist die Frage erledigt. Wir wollen nicht, dass die 1,7 Prozentpunkte Arbeitnehmerbetrag - das ist nur der Arbeitnehmerbeitrag; denn dafür ist ein Feiertag aufgegeben worden, was man nicht vergessen darf - erhöht werden. Wir wollen erreichen, dass ambulante Pflegedienste Demenzkranke stärker als bisher mit einem Zuschuss über die Pflegeversicherung rechnen können. Das ist der Weg, den wir suchen. Das zweite große Kapitel, um das es Anfang nächsten Jahres geht, ist der Niedriglohnbereich, liebe Genossinnen und Genossen, der ist bei uns im Land hinreichend diffus. Es gibt dort sehr viele Ansätze unterschiedlichster Art. Es gibt diesbezüglich nur wenig Kraft der Gewerkschaften. Wir müssen uns darüber klar werden, ob wir das so, wie es ist, hinnehmen wollen. Ja oder Nein? Wir sagen: Nein. Das haben die anderen auch verstanden. Es ist verheerend für das Lebensgefühl in diesem Lande insgesamt, dass der verbreitete Eindruck besteht, dass oben der Deckel drauf und der freie Fall nach unten eröffnet ist. Dagegen muss etwas getan werden. Die Menschen müssen wieder Sicherheit haben. Das gilt sowohl für die Sozialsysteme, als auch bei den Löhnen. Wer ordentlich und den ganzen Monat arbeitet, der muss sich und seine Familie davon ernähren können. Die Niedriglohnstrategie ist für Deutschland falsch. Wir sind und bleiben Hochlohnland und wir müssen auch Hochleistungsland bleiben. Wir werden also über Kombilöhne miteinander zu streiten haben. Darunter stellen sich viele vieles vor. Das ist auch eine Erfahrung dieser Gespräche. Lauft vor dem Begriff nicht weg. Wir werden auch über das Entsendegesetz zu sprechen haben. Dort haben wir einen Fortschritt erzielt. Sie sind damit einverstanden, dass wir das Entsendegesetz im Bereich der Gebäudereinigung zur Wirkung bringen. 750 000 Menschen haben in diesem Bereich dann einen Mindestlohn. Wir werden auch über den Mindestlohn zu sprechen haben. Dieses Wort wurde in den Runden, in denen wir diskutiert haben, nicht mehr abgelehnt. Ich kenne all die Probleme, die damit zusammenhängen. Wir haben seit eineinhalb Jahren auch mit den Freunden von den Gewerkschaften darüber diskutiert, dass es unterschiedliche Gefühle bei diesem Thema gibt, ist doch ganz klar. Es ist ganz klar, dass sich Jürgen Peters mit seiner IG Metall etwas anderes unter Mindestlöhnen vorstellt als Franz-Josef Möllenberg im Bereich der NGG. Die Frage ist, wie man das beantwortet. Man muss sich ja nicht genieren, wenn man deutlich macht, dass es da komplizierte Ausgangslagen gibt. Wir müssen das aber sehr wohl beantworten. 17, 18 andere europäische Länder haben solche Entscheidungen für Mindestlöhne getroffen, die im Übrigen auch sehr nützlich sind, falls uns die Wettbewerber in Europa doch noch mit der Dienstleistungsrichtlinie begegnen. Das ist ein enger Zusammenhang. Wer im Entsendegesetz absichert, wer über einen Mindestlohn absichert, der muss keine Angst mehr davor haben, dass der Arbeitsmarkt in Europa aufgrund der Entscheidungen, die getroffen werden, völlig diffundiert. Also: Lasst uns dort kämpfen und lasst uns dafür streiten, dass wir im ersten Halbjahr des nächsten Jahres vernünftige Lösungen erreichen! Es gibt viele gute Ansätze. Wir müssen aber dafür sorgen, dass wir sie auf einen Nenner bringen und dass das für diejenigen, die betroffen sind, auch wieder verständlich und vermittelbar wird. Liebe Genossinnen und Genossen, ich habe am 22. Mai - am Abend der NRW-Wahl - vielleicht ein bisschen vorlaut über die Beendigung des strukturellen Patts zwischen Bundestag und Bundesrat gesprochen. Im Grunde sind wir da jetzt mittendrin. Die Beantwortung der Frage, was man tun kann, damit Bund und Länder gemeinsam Politik machen, ist die Voraussetzung für die Handlungsfähigkeit und die Überzeugungsfähigkeit dieser Regierung. Es ist entscheidend, ob sich Bund und Länder auf ein gemeinsames Handeln verständigen können und ob wir in der Lage sind, zur selben Zeit in die gleiche Richtung und an einem Strick zu ziehen. Dann wird nicht wieder das passieren, was Hans Eichel mit dem Steuervergünstigungsabbaugesetz passiert ist, dass nämlich 17 Milliarden Euro abgelehnt werden und sich die CDU-Bürgermeister anschließend darüber beschweren, dass sie kein Geld in der Kasse haben. Das war doch die Lebenswirklichkeit der vergangenen Jahre. Man konnte das, was wir jetzt erreicht haben, am 22.5. noch nicht wissen. Aber dass wir das auflösen müssen und dass wir das auflösen wollten, ist auch klar. Das geht nur, wenn wir jetzt die Chance dieser Situation nutzen. Es war gut, dass viele Ministerpräsidenten mit am Tisch waren, Matthias Platzeck vorne weg und Kurt Beck sowie Harald Ringstorff, aber auch von der anderen Seite ganz viele, dass alle mitgesprochen haben und mit im Wort stehen. Wir konnten in den Koalitionsvertrag keine Wohlverhaltensklausel für die Länder schreiben, dass sie zustimmen müssen natürlich nicht! Aber ihr Wort ist da und ich glaube und hoffe darauf, dass das auch besser als bisher organisierbar sein wird. Lasst mich an dieser Stelle ein Wort zu zweien sagen, die in dieser Zeit der Koalitionsverhandlungen in ganz besonderer Weise gearbeitet und geschuftet haben. Matthias Platzeck hat gestern gesagt: Die anderen haben nicht lange geschlafen, die beiden aber gar nicht mehr. Es gab eine so genannte Steuerungsgruppe. Das sind vier Personen gewesen, die geschrieben, gesammelt und zusammengefügt haben, die das loyal und mit großem Geschick gemacht haben. Auf unserer Seite sage ich ein herzliches Dankeschön an Olaf Scholz und an Kajo Wasserhövel! Wenn ich einen Strich darunter mache, liebe Genossinnen und Genossen: Die Konzepte sind vernünftig. Beweisen muss sich die Koalition im Handeln. Man kann das heute nicht wissen. Aber wir können überzeugen. Die Frage ist, ob man die Chance sucht, oder ob man vor lauter Angst vor dem Tod Selbstmord begeht. Man muss jetzt springen. Wir müssen den Mut haben, in diese Koalition zu gehen und zu überzeugen. Und wenn wir überzeugen, bin ich sicher, werden die Menschen die Große Koalition auch annehmen. Es gibt in Deutschland keine prinzipielle Ablehnung der Großen Koalition. Wenn wir erfolgreich sind, werden die Menschen das auch honorieren. Das war übrigens von 1966 bis 1969 nicht anders. Damals haben zum Schluss beide Beteiligten gewonnen. Es war so günstig, dass die Sozialdemokraten anschließend eine kleine Koalition machen konnten. Lasst uns das doch einfach wiederholen! Das ist ein guter Ansatzpunkt, den man uns da vorgegeben hat. Ich warne aber davor, jetzt allzu viel über das Jahr 2009 zu sprechen. Manche begegnen mir und sagen: Das müssen wir jetzt tun, damit wir 2009 die Bundestagswahl gewinnen. Dann sage ich: Das weiß man heute noch nicht. Das Einzige, was ich weiß, ist: Wir müssen 2005 gut sein, wir müssen 2006 gut sein, wir müssen 2007 gut sein usw. Dann werden wir auch 2009 eine Chance haben. Wahlkämpfe führen, das können wir; das haben wir jetzt drei Mal gezeigt. Das machen wir 2009 wieder. Aber bis dahin müssen wir unsere Aufgaben erfüllen und nicht darüber reden, was irgendwann im Jahre 2009 vielleicht zu erreichen ist. Liebe Genossinnen und Genossen, ich scheide morgen nach 20 Monaten bzw. 606 Tagen, wie mir freundlicherweise ausgerechnet wurde, als Parteivorsitzender aus. Ich will ein paar Worte dazu sagen und will beginnen mit einem herzlichen Dankeschön an Klaus-Uwe Benneter. Er hat in dieser Zeit, meiner Vorsitzendenzeit, als Generalsekretär der Partei gearbeitet und geschuftet. Es war nicht immer ganz leicht, in einem eingespielten Team zwischen Kajo und mir zu hantieren. Dazu ist manches und nicht nur Freundliches geschrieben worden. Er hat trotzdem seinen Job gemacht und hat einen Wahlkampf mit einem genauso großen Einsatz wie wir alle geführt. Es hat das getan, was in dieser Partei manchmal ein bisschen zu klein geschrieben wird, nämlich solidarisch mitgeholfen, dass wir die Aufgaben erfüllen konnten, um die es geht. Herzlichen Dank, Klaus-Uwe, für deine Arbeit! Was mich betrifft, liebe Genossinnen und Genossen: Es war eine schöne Zeit; manchmal auch eine heftige Zeit. Ich habe das Amt damals nicht gesucht. Ich habe mich, als der Punkt da war, aber auch nicht daran geklammert. Ich war gerne Parteivorsitzender. Und ich habe, meine ich, der Sache selbstbewusst nützlich sein können. Wenn hinter meinem Namen im Buch der Partei ein Rufzeichen und kein Fragezeichen steht, dann soll es gut sein, liebe Genossinnen und Genossen. Dass ich noch eine wichtige Arbeit im Kabinett machen möchte, ist wahr. Dafür bitte ich, wenn es dann so weit ist, um die Unterstützung des Parteitags. Morgen, liebe Genossinnen und Genossen, wählen wir einen neuen Vorsitzenden und eine neue engere Führung. Ich freue mich, dass Matthias Platzeck antritt. Der kann das. Gebt ihm den nötigen Rückenwind! Die Wahl morgen ist geheim. Aber ich will verraten das ist ja nicht verboten , dass ich Kurt Beck, Ute Vogt, Per Steinbrück, Bärbel Dieckmann, Elke Ferner und Hubertus Heil wähle. Ich freue mich auch auf die weitere Zusammenarbeit mit Andrea Nahles. Es hat zwischen uns geknallt. Aber manchmal erzeugt Reibung nicht nur Hitze, sondern auch Fortschritt. Wir kommen schon weiter. Macht euch keine Sorgen! Liebe Genossinnen und Genossen, es wird sehr darauf ankommen, dass wir in einer Zeit der Großen Koalition das Profil unserer Partei halten und es weiterentwickeln. Solches Regieren bringt Spannungen mit sich. Nicht alles, was man beim Regieren tut, wird auch in der Partei goutiert. Und nicht alles, was eine Partei dann sagt, hilft denen, die beim Regieren unterwegs sind. Das ist eine Spannung, die wir aushalten müssen und die wir, glaube ich, aushalten können. Aber wir wissen alle miteinander: Die sozialdemokratische Idee ist stark. Gegen alle, die uns schon viele Male totgesagt haben, sage ich: Nein, wir werden gebraucht, in Deutschland, in Europa und auch darüber hinaus. Es wird immer wieder Frauen und Männer geben, die sich nicht mit den Dingen abfinden, wie sie sind, die sie im Großen und im Kleinen besser machen wollen. Das sind wir und viele, die nach uns kommen. Viele junge Leute habe ich in diesem Wahlkampf kennen gelernt und in die Partei aufnehmen können, junge Leute, die etwas bewegen wollen und die von uns lernen, dass wir das auch wollen und danach handeln. Wir wollen, dass es den Menschen gut geht. Dafür machen wir Politik. Die Partei ist kein Selbstzweck. Die Partei ist nicht dafür da, sich auf Parteitagen zu begegnen. Das ist schön, aber die Lebenswirklichkeit ist draußen. Die Menschen müssen wissen, dass wir für sie Politik machen, zum Nutzen des Landes und zum Nutzen der Menschen. In diesem Sinne, liebe Genossinnen und Genossen, lasst uns heute gute Entscheidungen treffen und morgen gut wählen. Allen miteinander ein herzliches "Glück auf!".
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