06.12.2005
Platzeck: Die Erinnerung an den Kniefall ist uns Mahnung und
politischer Auftrag. Willy Brandt war ein Visionär
Zum 35. Jahrestag des Kniefalls von Willy Brandt vor dem Denkmal für
die Opfer des Warschauer Ghettos in Warschau am 7. Dezember 1970 und
der Unterzeichnung des Warschauer Vertrages erklärt der
SPD-Parteivorsitzende, Ministerpräsident Matthias Platzeck:
Heute gedenkt Deutschland des historischen Besuchs von Willy Brandt in
Warschau vor 35 Jahren. Am 7. Dezember 1970 kniete Bundeskanzler Willy
Brandt in Warschau vor dem Denkmal für die Opfer des Warschauer
Ghettos nieder. Am selben Tag unterzeichnete er den Warschauer
Vertrag, der ein entscheidendes Zeichen für Entspannung und Aussöhnung
im deutsch-polnischen Verhältnis setzte.
Mit seinem spontanen Kniefall vor dem Ehrendenkmal hat Willy Brandt
stellvertretend Verantwortung übernommen für die von Deutschen
begangenen Greueltaten. Mit dieser Geste der Demut hat der standfeste
Demokrat und visionäre Politiker Willy Brandt zum Ausdruck gebracht,
dass für Deutschland aus seiner Vergangenheit die Verpflichtung zur
Aussöhnung und zu einer friedlichen Nachbarschaft erwachsen ist. Die
Erinnerung daran ist für uns zugleich Mahnung und politischer Auftrag.
Willy Brandts Besuch in Warschau hat nicht nur einen grundlegenden
Neubeginn in den deutsch-polnischen Beziehungen eingeleitet. Er hat
auch vielen Menschen - vor allem in der damaligen DDR - Mut und die
Hoffnung darauf gegeben, dass sich durch die Politik der Entspannung
auch ihr eigener Alltag Schritt für Schritt erleichtern könnte.
Die Unterzeichnung des Warschauer Vertrages hat - wie Willy Brandt
selbst es ausdrückte - eine Brücke geschlagen. Ein erster
grundlegender Schritt war getan auf dem langen Weg zu einem neuen
gemeinsamen Europa. Heute ist Willy Brandts Vision eines
freiheitlichen und friedlichen Europas Realität geworden: Gemeinsam
mit 23 anderen demokratischen Mitgliedstaaten bilden Polen und
Deutschland die Europäische Union, die sich der Wahrung des Friedens
und dem Streben nach Wohlstand verschrieben hat.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten erinnern uns am 35.
Jahrestag seines Besuchs in Warschau an seine großen Verdienste um den
Frieden in Europa, um Deutschland und um die deutsche
Sozialdemokratie. Wir sind Willy Brandt zu tiefem Dank verpflichtet.
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