03.07.2006
Lothar Mark begrüßt Beschluss des SPD-Präsidiums zur EU-Ratspräsidentschaft
Das Präsidium der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands hat in
seiner Sitzung am 3. Juli 2006 folgenden Beschluss zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft
im ersten Halbjahr 2007 gefasst:
Finnland hat vor wenigen Tagen die Ratspräsidentschaft der
Europäischen Union für die kommenden sechs Monate übernommen. Das
Arbeitsprogramm der finnischen Ratspräsidentschaft setzt die richtigen
Akzente, um Europa in eine vernünftige Richtung fortzuentwickeln. Nach
Finnland wird Deutschland die Präsidentschaft in der Europäischen
Union für das erste Halbjahr 2007 übernehmen. Portugal wird folgen.
Diese drei Länder tragen gerade während ihrer Präsidentschaften eine
große Verantwortung für den weiteren und erfolgreichen Fortgang des
europäischen Einigungsprozesses.
Die SPD misst der deutschen Ratspräsidentschaft eine besondere
Bedeutung zu und wird sich als Regierungspartei im Interesse
Deutschlands und Europas aktiv für eine erfolgreiche
Ratspräsidentschaft einsetzen. Die SPD ist die Europapartei in
Deutschland. Sozialdemokratisch geführte Regierungen haben bedeutende
Beiträge zu Vertiefung und Erweiterung des europäischen Erfolgprojekts
geleistet. In Kontinuität zu diesem europapolitischen Engagement wird
die SPD das Ziel eines nach innen und außen handlungsfähigen,
demokratischen und sozialen Europas, das als aktive Friedensmacht für
eine multilaterale und gerechte Weltordnung eintritt, weiter mit
Nachdruck verfolgen.
Die Ratspräsidentschaft bietet eine besondere Gelegenheit, um die
Europäische Union in diese Richtung fortzuentwickeln. Klar ist
hierbei, dass wir Initiativen zur Fortführung des Verfassungsprozesses
in engster Abstimmung mit unseren europäischen Partnern vorbereiten
werden.
Zugleich wird es unter deutscher Ratspräsidentschaft für die SPD auf
die Setzung von Schwerpunkten ankommen, durch die in den kommenden
Jahren verstärkt an der sozialen Dimension des europäischen Projekts
gearbeitet werden kann. Soziale Rechte, wie sie in der Europäischen
Charta der Grundrechte enthalten sind, müssen Leitlinie europäischer
Politik sein und ausgebaut werden. Die Rechte von Arbeitnehmern und
Gewerkschaften müssen als Fundament des europäischen Sozialmodells auf
Ebene der EU abgesichert werden. Der Einsatz von deutscher und
europäischer Sozialdemokratie sowie der Gewerkschaften, durch den
grundlegende Änderungen an der ursprünglichen Fassung der
EU-Dienstleistungsrichtlinie erreicht werden konnten, hat gezeigt,
dass es in Deutschland und Europa eine Mehrheit zur Sicherung des
europäischen Sozialmodells gibt und es sich lohnt, diesen Weg durch
neue Initiativen offensiv weiter zu beschreiten. Hierzu gehört auch,
in der Europäischen Union einen fairen Steuerwettbewerb zu
organisieren.
In den Außenbeziehungen der Europäischen Union wird sich die SPD dafür
einsetzen, dem Verhältnis der Europäischen Union zu seinen östlichen
Nachbarn neue Impulse zu geben. Dazu gehören die Neuverhandlung des
Partnerschafts- und Kooperationsabkommens mit Russland, eine
Weiterentwicklung der Europäischen Nachbarschaftspolitik, die
Vertiefung der Beziehungen zu den Staaten Zentralasiens und die
Gestaltung der Wirtschafts- und Partnerschaftsabkommen mit den
afrikanischen, karibischen und pazifischen Partnerstaaten der EU.
Unsere nachhaltigen Bemühungen um eine Lösung des iranischen
Nuklearkonflikts wollen wir flankieren durch Anstöße zur Stärkung der
Abrüstungs- und Nichtverbreitungspolitik. Die Abrüstungskonferenz der
SPD am 26. Juni 2006 und die konkreten Vorschläge, die in diesem
Rahmen gemacht wurden, tragen dazu bei, diesem Thema wieder den ihm
gebührenden Platz auf der internationalen Agenda zu verschaffen. Durch
eine solche sozialdemokratische Politik kann sich die Europäische
Union glaubwürdig als Friedensmacht in den internationalen Beziehungen
etablieren. Zudem muss eine thematische Verknüpfung der
zusammenfallenden Präsidentschaften in EU und G8 hergestellt werden,
um Fortschritte zur sozial gerechten Gestaltung der Globalisierung zu
erzielen. Hierbei wird es unter anderem darauf ankommen, den Dialog
über die Agenda zu menschenwürdiger Arbeit der Internationalen
Arbeitsorganisation (ILO) zu forcieren.
Unter deutscher Ratspräsidentschaft wird es nicht zuletzt auch darum
gehen, Impulse zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der
europäischen Volkswirtschaften zu verstärken. Deshalb werden wir uns
dafür einsetzen, die Rahmenbedingungen für Innovation und
Unternehmertum weiter voranzubringen. Zudem ist es von zentraler
Bedeutung, die Qualität öffentlicher Finanzen durch eine
zukunftsorientierte Umstrukturierung der öffentlichen Haushalte zu
verbessern. Hierzu gehört auch, in der Europäischen Union einen fairen
Steuerwettbewerb zu organisieren. Deshalb wollen wir Fortschritte in
Richtung einer einheitlichen Bemessungsgrundlage für die
Unternehmensbesteuerung erzielen. Die von der EU-Kommission
eingeleiteten Maßnahmen zur "besseren Rechtssetzung" und
Entbürokratisierung europäischer Rechtsvorschriften müssen im Sinne
einer aktiven Mittelstandspolitik insbesondere zur Stärkung kleiner
und mittlerer Unternehmen beitragen.
Es ist nicht zuletzt von Bedeutung, dass Deutschland als einer für den
europäischen Wirtschafts- und Währungsraum bedeutendsten
Mitgliedstaaten die Vorgaben des europäischen Stabilitäts- und
Wachstumspaktes einhalten wird.
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