21.11.2006
Nach Umfragen wollen 70-90 % der Bundesbürger ihre Bahn gegen den Willen der Privatisierer behalten. Jetzt hat auch der Bundesjugendring als Dachverband der Jugendorganisationen für die Verteidigung des Eigentums der Bürger und gegen die Enteignung Stellung bezogen:
__________________________________________________________________________
Beschluss
79. Vollversammlung
27./28.10.2006 in Berlin
Deutsche Bahn AG bleibt in öffentlichem Eigentum
Kinder und Jugendliche sind in besonderem Maße auf ein verlässliches öffentliches Verkehrssystem angewiesen, das den ökonomischen Möglichkeiten aller jungen Menschen entspricht.
Sie haben ein hohes Mobilitätsbedürfnis. Stärker als für andere Bevölkerungsgruppen ist Mobilität
für sie ein Schlüssel für Bildung, neue Erfahrungen und Zugänge zu neuem Wissen.
Denn die Aneignung des eigenen Lebensraumes ist ein wichtiger Entwicklungsschritt für
Kinder und Jugendliche und erfordert Mobilität.
Aus Sicht des Deutschen Bundesjugendrings ist die Deutsche Bahn AG ein zentraler Teil der
öffentlichen Daseinsvorsorge und muss darum vor allem dem Allgemeinwohl (vgl. Artikel
87e GG) dienen und nicht den möglicherweise entgegen gesetzten Absichten von anonymen
Investoren. Stattdessen muss das Kriterium einer nachhaltigen Verkehrspolitik der Ausbau
der Marktanteile für den Verkehrsträger Schiene sein.
Private Investoren erwarten eine wesentlich höhere Kapitalrendite als die aktuellen Gewinne
der Deutsche Bahn AG. Da unter ansonsten vergleichbaren Bedingungen eine deutliche Steigerung der Gewinne aus dem Schienenverkehr nicht realisierbar erscheint, können diese nur
durch Fahrpreiserhöhungen, durch weniger Service für die Fahrgäste, durch weniger Personal
und niedrigere Einkommen der Beschäftigten erzielt werden, zumal auch mit einem Anstieg
der Subventionen an eine privatisierte Deutsche Bahn AG nicht zu rechnen ist. Gerade die
jüngst - offenbar auch im Hinblick auf den Börsengang - angekündigten Preiserhöhungen
zeigen, dass dieses Szenario zur Realität werden kann. Den kurzfristigen Gewinninteressen
privater Investoren stünden zwangsläufig die hohen kaum zu amortisierende Investitionen in
das Schienennetz entgegen.
Es besteht die Gefahr, dass private Betreiber, die nicht durch eine starke staatliche Netzagentur
koordiniert werden, den Betrieb nach eigenen Interessen und Bedürfnissen gestalten und
somit einen einheitlichen Taktfahrplan mit Systemanschlüssen und ein einheitliches Tarifwesen
in Frage stellen.
Auch wäre bei einer Privatisierung zu befürchten, dass der Verkehr auf unrentablen Strecken,
die häufig eine wichtige Erschließungsfunktion für ländliche Räume haben und Fahrten in
Tagesrandlagen, die insbesondere für die Mobilität Jugendlicher und anderer nicht motorisierter
Verkehrsteilnehmer/innen eine wichtige Bedeutung haben, noch häufiger ausgedünnt oder
eingestellt werden. Eine Ausdünnung von Strecken in den ländlichen Räumen würde zu einer
Verstärkung der Ungleichheiten zwischen städtischen und ländlichen Regionen führen.
Der Deutsche Bundesjugendring lehnt eine Privatisierung der Deutschen
Bahn AG ab. Die Bahn muss in öffentlichem Eigentum bleiben.
Bei 4 Gegenstimmen und 5 Enthaltungen von der 79. Vollversammlung am 27./28. Oktober
2006 beschlossen.
Die Vorsitzenden von TRANSNET und ver.di, Norbert Hansen und Frank Bsirske, einigten sich bereits Ende Mai in einem gemeinsamen Papier auf eine Position gegen jede Privatisierung und Zerschlagung der Deutschen Bahn AG. Bislang ließen die Spitzen von TRANSNET und ver.di diesen Worten keine Taten folgen. Daher bitten wir Euch als Basis der Gewerkschaft, jetzt gegen den Börsengang aktiv zu werden.
--
Reinhard Helmers
Univ.-lektor a.D.
SE-224 65 LUND/Schweden
|