16.04.2007
Oettingers "Entschuldigung": Unglaubwürdig und unzureichend!
Ute Vogt: "Oettinger entschuldigt sich nur aus Kalkül, um seine Haut zu retten - nicht aus innerer Einsicht"
SPD beantragt Debatte im Landtag zu Oettingers Filbinger-Rede
Die SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Ute Vogt hält die späte Entschuldigung Oettingers für völlig unglaubwürdig und nicht ausreichend, um den mit der Trauerrede angerichteten Schaden wieder gut zu machen. Das Taktieren und Lavieren Oettingers in den vergangenen Tagen zeige, dass er sich nur aus Kalkül entschuldigt habe, um seine Haut zu retten, nicht aber innerer Einsicht folgend, sagte Vogt im Anschluss an eine Präsidiumssitzung ihrer Partei in Berlin.
Vogt: "Zunächst ist Oettinger nach der Freiburger Trauerfreier tagelang abgetaucht, um sich kritischen Nachfragen zu entziehen, dann hat er den Inhalt seiner Rede erneut bekräftigt und noch am gestrigen Vormittag Filbinger bescheinigt, er sei ein Gegner der Nazi-Diktatur gewesen. Die gewundenen und halbherzigen Entschuldigungsphrasen wenige Stunden später am Sonntagabend klingen deshalb unglaubwürdig. Sie erfolgten unter dem Druck von Bundeskanzlerin Merkel und vor dem Hintergrund weltweiter Kritik, einzig und allein dem Zweck geschuldet, noch größeren Flurschaden für seine Person abzuwenden."
Oettinger habe sich zudem nur für die Wirkung seiner Rede entschuldigt, nicht aber für den Inhalt dieser abscheulichen Trauerrede, so Vogt. Oettinger bleibe im Kern bei seiner "unreflektierten, selbstgerechten Würdigung von Filbingers NS-Vergangenheit". Der amtierende Ministerpräsident lasse damit "all' jene Werteorientierungen und Tugenden, die unserem Land immer wichtig waren", eindeutig vermissen.
"Herrn Oettinger fehlen Einsicht und Tiefgründigkeit, was Menschlichkeit, Traditions- und Geschichtsbewusstsein und internationale Sensibilität angeht", so Vogt. Solange sich Oettinger aber nicht klar und eindeutig vom Inhalt seiner Freiburger Filbinger-Rede distanziere und die geschichtsverfälschenden Aussagen über Filbingers Rolle in der Nazi-Zeit revidiere, seien die Entschuldigungen Oettingers nichts wert.
Oettinger habe bisher auch nicht den Mut gehabt, die Scharfmacher in den eigenen Reihen zurück zu pfeifen, die er zuvor mit seiner Filbinger-Rede "aus den Löchern" geholt habe, so Vogt. Insbesondere die rechtsnationalen und teilweise offen antisemitischen Töne des CDU-Landesgruppenchefs Brunnhuber könnten nicht ohne Folgen bleiben. Ein Rücktritt von diesem Amt sei unabdingbar, wenn sich die Südwest-CDU glaubwürdig um einen neuen Anfang bemühen wolle.
Oettinger habe mit seiner Geschichte verleugnenden Rede in der CDU Baden-Württemberg geradezu beschämend überschwängliche Reaktionen ausgelöst, so Vogt. Kein einziges CDU-Mitglied seines Kabinetts oder andere Führungspersönlichkeiten der Partei im Land hätten Oettinger widersprochen. Die CDU im Südwesten habe sich damit als Hort stramm Rechtskonservativer, die aus der Geschichte nichts lernen oder unter die Nazi-Zeit endlich einen Schlussstrich ziehen wollten, bundesweit isoliert und blamiert.
Mit dieser Haltung hätten Oettinger und die CDU dem Ansehen des Landes einen kaum wieder gut zu machenden Schaden zugefügt, denn Baden-Württemberg sei ein weltoffenes, modernes Land und nicht die Zufluchtstätte ewig Gestriger und Unbelehrbarer.
Vogt forderte Oettinger auf, sich endlich klar, unmissverständlich und glaubwürdig vom Inhalt seiner geschichtsklitternden Filbinger-Rede zu distanzieren und dafür Sorge zu tragen, dass in der Südwest-CDU insgesamt die Maßstäbe für Moral, Geschichte und Umgang mit der Nazi-Zeit wieder ins Lot kommen. "Andernfalls ist dieser Ministerpräsident im Amt nicht mehr tragbar."
Vogt kündigte an, dass ihre Fraktion die Trauerrede Oettingers, ihre Folgen und die Konsequenzen im Landtag in der kommenden Woche in einer aktuellen Debatte umfassend zur Sprache bringen werde.
Pressemitteilung vom 15.04.:
Nur eine klare und unmissverständliche Entschuldigung kann Oettinger noch im Amt halten
Ute Vogt: "Die erneute Bekräftigung seiner geschichtsverfälschenden Aussagen über Filbingers Rolle in der Nazi-Zeit machen Oettingers gestriges Bedauern vollends zur Farce - nur eine deutliche Entschuldigung kann Oettinger jetzt noch im Amt halten"
Die SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Ute Vogt fordert von Ministerpräsident Oet-tinger eine klare und unmissverständliche Entschuldigung für seine geschichtsverfäl-schenden Äußerungen über Filbingers Rolle in der Nazi-Zeit. Andernfalls sei der Minis-terpräsident nicht länger im Amt tragbar. Anlass für Vogts Aufforderung sind Aussagen von Oettinger heute im SWR, die nach Vogts Ansicht Oettingers gestrigen Rechtferti-gungsversuch vollends zur Farce machen.
Oettinger hatte im SWR heute gesagt, er glaube, dass Hans Filbinger ein Gegner der Diktatur gewesen war, aber nicht wie andere die Kraft zum offenen Widerstand gehabt habe. Für Ute Vogt ist dies eine Verhöhnung aller Opfer des Nazi-Regimes und aller, die damals den Mut zum Widerstand hatten. "Mit Oettingers heutiger Deutung der Haltung Filbingers in der Nazi-Zeit könnte sich jeder KZ-Leiter im Nachhinein mit der Behauptung zum Nazi-Gegner machen, er habe seine todbringende Arbeit mit innerem Widerstand vollzogen."
Vogt fordert Ministerpräsident Oettinger auf, die moralische Kraft für eine Entschuldigung aufzubringen und seine geschichtsverfälschenden Äußerungen über Filbingers Rolle während der Nazi-Zeit zu korrigieren. Oettinger habe mit seiner Trauerrede für Filbinger und den danach folgenden Äußerungen der Demokratie geschadet und auch dem Anse-hen des Landes und seines Amtes unermesslichen Schaden zugefügt.
Vogt: "Ohne ein deutliches Wort der Entschuldigung und der Richtigstellung ist Oettinger im Amt des Ministerpräsidenten nicht länger tragbar."
Christian Lange, Vorsitzender der SPD-Landesgruppe im Deutschen Bundestag: Oettinger ist nicht mehr tragbar
Brunnhubers Attacken gegen Zentralrat der Juden inakzeptabel!
Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzender der baden-württembergischen SPD-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, bekräftigt seine Kritik an Oettinger:
„Die Entschuldigung reicht hinten und vorne nicht aus. Oettinger muss endlich klare Worte finden. Er muss sich endlich deutlich von seiner Behauptung distanzieren, Filbinger sei kein Nationalsozialist gewesen, sondern gar ein Gegner des Nationalsozialismus. Das ist starker und völlig unakzeptabler Tobak! Oettinger ist damit nicht mehr tragbar“.
Christian Lange, der gerade an einer Delegiertenreise in Israel teilnimmt, weist auch auf den außenpolitischen Schaden hin: „Als Ministerpräsident steht Oettinger nicht nur in politischer Verantwortung, sondern auch im internationalen Rampenlicht, gerade während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und des deutschen G8-Vorsitzes. Baden-Württemberg ist wirtschaftlich das führende Bundesland in Deutschland und weltweit für die wirtschaftliche Leistung, Qualität und Leistungsbereitschaft bekannt. Oettinger ist gerade dabei, unseren international guten Ruf zu schädigen“, so Lange.
„Besonders hier in Israel schäme ich mich geradezu, wenn ich solche Geschichtsklitterung höre. Deutschland hat weltweit einen guten Ruf als tolerantes, liberales und weltoffenes Land, das von seiner Geschichte gelernt hat. Wir dürfen dieses Vertrauen, das wir weltweit genießen, nicht aufs Spiel setzen“, so Lange.
Der SPD-Landesgruppenvorsitzende ärgert sich aber auch besonders über seinen CDU-Kollegen Georg Brunnhuber, Chef der baden-württembergischen CDU-Bundestagsbgeordneten: „Die Angriffe von Brunnhuber gegen den Zentralrat der Juden sind völlig inakzeptabel. Ausgerechnet dem Zentralrat vorzuwerfen, mit seiner Kritik in die Hände der Rechten zu spielen, ist nicht nur zynisch, sondern auch unverschämt. Brunnhuber sollte sich schnellstens beim Zentralrat öffentlich entschuldigen. Die CDU Baden-Württemberg muss endlich aufhören, im deutsch-nationalem Umfeld zu fischen. Sie sollte sich vielmehr an Angela Merkel orientieren, die hier eine deutliche Position vertritt“, so Lange.
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