01.02.2005
Zum Jahreswechsel ist die größte und umfangreichste Reform des Arbeitsmarktes in der Geschichte der Bundesrepublik an den Start gegangen. Gerade auch vom Ausland werden die Hartz-Reformen positiv bewertet. EU-Kommission und IWF erwarten deutliche beschäftigungspolitische Impulse. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hebt die Hartz-IV-Reform ebenfalls positiv hervor. Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle geht davon aus, dass Hartz IV auf mittlere Sicht die Situation auf dem Arbeitsmarkt verbessern wird.
Die Zahl der Arbeitslosen ist im Januar 2005 erstmals über die Grenze von 5 Millionen gestiegen und liegt bei 5,037 Mio. Dies entspricht einer Arbeitslosenquote von 12,1 %. Dabei sind 2,821 Mio. Arbeitslose dem bisherigen SGB III zuzuordnen, während 2,215 Mio. Arbeitslose dem neuen SGB II (Hart IV) zuzurechnen sind. Gegenüber Dezember ergibt sich damit ein Anstieg der registrierten Arbeitslosen um 573.000, was deutlich über dem Durchschnitt der Januarmonate der letzten Jahre von 326.000 Personen liegt. Saisonbereinigt hat im Januar gegenüber Dezember die Arbeitslosenzahl um 227.000 zugenommen. Damit liegen die saisonalen Schwankungen im üblichen Bereich. Die Konjunktur hat neutral auf die Arbeitslosigkeit gewirkt.
Der Hauptgrund für den starken Anstieg der Arbeitslosenzahl auf über 5 Millionen ist die durch die Zusammenlegung der bisherigen Arbeitslosenhilfe und der bisherigen Sozialhilfe zur neuen sozialen Grundsicherung für Arbeitsuchende verbesserte statistische Erfassung der Arbeitslosen.
Warum sich die Zahl der registrierten Arbeitslosen erhöht hat:
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Bisher waren alle Arbeitslosenhilfebezieher bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) und alle Sozialhilfebezieher bei den Sozialämtern gemeldet. Aber nur die BA hat eine einheitliche Arbeitslosenstatistik geführt, die monatlich bundesweit veröffentlichte wurde und einen Überblick über die Arbeitslosigkeit in Deutschland gab. Die Sozialhilfeempfänger fehlten daher naturgemäß in dieser Statistik.
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Ab Januar 2005 gibt es nur noch eine Statistik für alle. Alle Bezieher von Arbeitslosengeld II werden jetzt erfasst, also auch die ehemaligen arbeitslosen Sozialhilfeempfänger, die sich bislang nicht bei der BA arbeitslos gemeldet hatten.
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Bis zum Januar lebten viele Angehörige von der Arbeitslosenhilfe eines Familienmitgliedes, ohne selbst beim Arbeitsamt als arbeitslos gemeldet gewesen zu sein. Dies ändert sich jetzt. Wer zur Bedarfsgemeinschaft gehört und erwerbsfähig ist, muss ebenfalls dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und wird als arbeitslos gezählt.
Damit werden jetzt auch die Arbeitslosen in den Prozess der Arbeitsvermittlung und damit in die Arbeitsmarktstatistik aufgenommen, die bisher außen vor waren. Dieser Effekt liegt bei rund 250.000 zusätzlichen Arbeitslosen. Keiner hat hiervon im Januar seine Arbeit verloren, sondern die meisten von ihnen sind Langzeitarbeitslose, die allerdings bisher nicht in der Arbeitsmarktstatistik erfasst waren.
Wir müssen auch nach dem 2. Februar 2005 mit einem weiteren Anstieg in der amtlichen Arbeitslosenstatistik rechnen. Dieser hängt ebenfalls mit der besseren statistischen Erfassung der Arbeitslosen im Rahmen unserer Arbeitsmarktreform zusammen. Hintergrund: In einzelnen Fällen wird es dem Fallmanager nicht sofort möglich sein, sich sofort einen abschließenden Überblick darüber zu verschaffen, wer beispielsweise als erwerbsfähig einzustufen ist und wer nicht.
Die Kriterien für die Aufnahme in die Arbeitslosenstatistik bleiben dabei unverändert. Gezählt werden alle Arbeitsuchenden, die
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sich persönlich gemeldet haben,
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erwerbsfähig sind, d. h. mehr als drei Stunden am Tag arbeiten können,
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keine Arbeit haben (oder weniger als 15 Stunden pro Woche arbeiten),
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eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung suchen,
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für die Arbeitsaufnahme sofort verfügbar sind und
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zwischen 15 und 64 Jahre alt sind.
Wichtiger als die nackten Zahlen ist: Wir wissen nun, wer der Hilfe bedarf. Die Januar-Zahlen vermitteln ein klares Bild vom Angebot auf dem Arbeitsmarkt. Jetzt können wir gezielter und damit nachhaltiger fördern und Brücken in den Arbeitsmarkt bauen. Die Arbeitsmarktstatistik wird ehrlicher und transparenter. Der Kohl-Regierung fehlte hierzu der Mut.
Abwegig ist die Behauptung der Opposition, die jetzige Arbeitsmarktstatistik wäre nicht transparent, weil Personen, die sich in einer Maßnahme befinden, nicht in der Arbeitslosenstatistik erfasst werden. Fakt ist: Jedem steht die Statistik der Teilnehmer an Maßnahmen zur Verfügung und er kann sich entsprechend ein Bild von der Situation auf dem Arbeitsmarkt machen.
Die Forderung der Union, den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung abzusenken und damit die aktive Arbeitsmarktpolitik vollständig einzustellen, ist abwegig. Sie bleibt die Erklärung schuldig, wie sie dann die Zahl der Arbeitslosen senken will. Die Union ist unglaubwürdig, wenn sie einerseits Mittelkürzungen fordert und andererseits wie für den Bereich der Altenpflegeausbildung der Bundesagentur zusätzliche Aufgaben zuweisen möchte, oder aber vor Ort vorgibt, sich für die Träger einzusetzen. All dies geht ohne finanzielle Mittel jedoch nicht.
Im Jahresverlauf wird die Arbeitslosigkeit aufgrund der verbesserten und zielgenaueren Arbeitsmarktpolitik sowie der anziehenden Konjunktur wieder zurückgehen.
Erfreulich ist, dass die Zahl der Erwerbstätigen im November mit 38,96 Mio. um 271.000 höher lag als vor einem Jahr. Für 2005 ist mit einem Anstieg der Erwerbstätigkeit um 300.000 Personen zu rechnen.
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