07.01.2008
Von der Arbeitslosenversicherung zur Arbeitsversicherung - Vorsorgende Arbeitsmarktpolitik und lebensbegleitendes Lernen
Der SPD-Parteivorstand setzt eine Projektgruppe "Arbeitsversicherung" unter Leitung der stellvertretenden Parteivorsitzenden Andrea Nahles ein. Er folgt damit dem Beschluss des Hamburger Bundesparteitages:
"Um Sicherheit und Flexibilität zu verbinden und Sicherheit im Wandel zu gewährleisten, wollen wir [] die Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung umgestalten.
Die Arbeitsversicherung soll berufliche Übergänge und Erwerbsunterbrechungen absichern sowie Weiterbildung in allen Lebensphasen gewährleisten. Dazu werden wir ein Recht auf Weiterbildung durchsetzen. Sie soll die Wahlmöglichkeiten erweitern und die Beschäftigungsfähigkeit erhalten" (Hamburger Programm)
Um den Anspruch des Hamburger Programms nach dem Umbau der Arbeitslosenversicherung in eine Arbeitsversicherung umzusetzen, braucht es Zwischenschritte. Es muss ein handhabbares Politikkonzept für die SPD und das Regierungsprogramm entwickelt werden.
Dazu richtet die SPD eine Arbeitsgruppe "Arbeitsversicherung" ein, die sich zunächst beschränkt auf den Schwerpunkt Weiterbildung und vorsorgende Arbeitsmarktpolitik. Sie bezieht dabei die Vorarbeiten der Projektgruppe "Zukunft des Sozialstaats" zu diesen Fragen ein.
Die Weiterbildung ist ein Schlüsselthema sowohl der Arbeitsmarkt- als auch der Innovationspolitik. In ihr kristallisiert sich der sozialdemokratische Anspruch, wirtschaftliche Stärke der Volkswirtschaft mit sozialer Gerechtigkeit für den Einzelnen zu verbinden. Dies gilt zunehmend vor dem Hintergrund des globalen Wettbewerbs und der demografischen Entwicklung.
Wenn wir im globalen Wettbewerb besser sein wollen, brauchen wir gute Fachkräfte und hochqualifizierte Belegschaften. Wir brauchen die Kreativität älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mit einerKombination aus ihren Erfahrungen und aktuellem Wissen ein wertvolles Potential darstellen.
Dazu müssen wir eine "Weiterbildungskultur" entwickeln, die alle Qualifikationsniveaus umfasst und die die Verantwortung für die Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit über den Zyklus des Erwerbslebens nicht alleine dem Individuum überlässt. Es geht dabei um einen gesamtgesellschaftlichen Auftrag. Daher müssen öffentliche Förderung, betriebliche Weiterbildung und Eigenverantwortung Hand in Hand gehen. Dabei sind eine bessere Verzahnung von Weiterbildungsangeboten an den Schnittstellen Schule und Betrieb sowie öffentliche Hand, Arbeitsagentur und Betrieb zentral.
In der beitragsfinanzierten Risikoversicherung ist eine vorsorgende Arbeitsmarktpolitik noch weitgehend Neuland. Wenn wir aber unsere Wirtschaft zukunftsfest machen und Arbeitslosigkeit verhindern wollen ist ein Umsteuern notwendig.
Die Arbeitsgruppe soll deshalb folgende Fragenkomplexe bearbeiten:
Welche Ziele und Ansätze müssen für die Weiterbildung als Kernelement einer vorsorgenden Arbeitsmarktpolitik entwickelt werden? Welche Erfordernisse ergeben sich aus einer veränderten Arbeitswelt? Wie kann Weiterbildung zu "guter Arbeit" beitragen?
Wie kann die aktivierende Arbeitsmarktpolitik zu einer vorsorgenden Qualifikationspolitik weiterentwickelt werden? Brauchen wir dazu ergänzend zur Beitragsfinanzierung der Risikoabsicherung steuerfinanzierte Elemente, um diese vorsorgende Qualifizierungspolitik abzusichern?
Wie können öffentlich finanzierte Qualifizierung, betriebliche Weiterbildung und individuelle Anstrengungen besser verzahnt werden?
Wie können Lücken in der betrieblichen Weiterbildung geschlossen werden (KMU, ältere Beschäftigte, geringqualifizierte Arbeitnehmer, Telzeitkräfte, Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund) und welche Unterstützung für Unternehmen und Rechte für Betriebsräte sind dafür erforderlich?
Gute Sozial- und Arbeitsmarktpolitik ist ein Innovationsbeschleuniger und Erfolgsfaktor für die Wirtschaftspolitik. Wie sieht ein Modernisierungskonzept aus, dass diesem Aspekt Rechnung trägt und sich gleichzeitig an den Bedürfnissen der Menschen orientiert?
In der Verzahnung der Ziele Innovationsfähigkeit, Beschäftigungsfähigkeit und gute Arbeit besteht für die SPD die Chance, sich von den einseitigen Ansätzen der anderen Parteien abzugrenzen und ein neues Profilierungsfeld für die SPD zu eröffnen.
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