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28.02.2008

ASJ: Bundesverfassungsgericht präzisiert erneut die Bürgerlichen Freiheitsrechte  

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen, Harald Baumann-Hasske, begrüßt die wegweisende Entscheidung zur Online-Überwachung mit der Definition des "Grundrechts auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme":

  

Wir haben ein neues Grundrecht!

 

Mit der Entscheidung zum Verfassungsschutzgesetz in Nordrhein-Westfalen am 28.02.08 hat das Bundesverfassungsgericht sich erneut in einer entscheidenden Phase der gesellschaftlichen Diskussion über die bürgerlichen Freiheiten zum freiheitlichen Rechtsstaat bekannt. Es hat dem Ansinnen des CDU-Bundesinnenministers einen Riegel vorgeschoben. Die Online-Durchsuchung darf kein Alltagswerkzeug der Verbrechensbekämpfung werden, sondern nur in extremen Ausnahmefällen auf eignes dafür zu schaffender gesetzlicher Grundlage durch einen Richter angeordnet werden. Was für den Verfassungsschutz gilt, muss erst recht für die Polizei gelten: Ermittlungen und Überwachung dürfen nur nach streng rechtsstaatlichen Kriterien und sorgfältiger Beachtung der Bürgerrechte erfolgen. Der Wunsch des Herrn Schäuble nach "Waffengleichheit gegenüber Terroristen, darf nicht dazu führen, wesentliche Grundrechtseingriffe durchzuführen, ohne dass dies im Einzelfall richterlich angeordnet wird, dem Bürger zur Kenntnis gelangt und damit der rechtlichen Kontrolle zugänglich ist. Wo der Staat für sich selbst das ansonsten Rechtswidrige legitimiert, muss der Bürger die volle Kontrolle durch den Rechtsweg haben.

 

   Die bisherigen Vorschläge von Bundesminister Schäuble sind unverantwortlich. Es ist bedauerlich, dass sich der Bundesinnenminister einer Einigung innerhalb der Bundesregierung  versperrte, in dem er auf seinen unverhältnismäßigen Vorschlägen bestand. Die Entscheidung der SPD, vor dem Urteil aus Karlsruhe keiner Einführung der Online-Durchsuchung zuzustimmen, war deshalb – trotz vieler Angriffe aus der Union - richtig.

 

Die Absichten des Bundesinnenministers bedeuten eine ernste Gefahr für die Freiheit in unserem Land: Der heimliche Zugriff auf private Rechner aus dem Netz, die Durchsuchung privater Festplatten durch staatliche "Trojaner" greift tief in die Privatsphäre und in intime Bereiche der Menschen ein, ohne dass sie dies bemerken und verhindern können. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in deutlichen Worten festgestellt. Die ASJ hätte es als wüschenswert erachtet, wenn das Gericht generell den Zugriff auf Daten auf einem privaten Rechner über das Netz als verfassungsrechtlich unzulässig erkannt hätte. Es ist schwer vorstellbar, dass ein solcher Eingriff überhaupt verhältnismäßig sein kann bzw. wie die zu beachtenden Schutzanforderungen in der Praxis erfüllt werden sollen. Insbesondere die Geeignetheit der Onlinedurchsuchung zu Zwecken der Terrorismusbekämpfung bleibt zweifelhaft; zu vielfältig sind gerade für Terroristen die Möglichkeiten, einer Überwachung zu entgehen.

 

Nach Überzeugung der ASJ hätte es ausgereicht, sich bei konkretem Tatverdacht auf die Beschlagnahme und Auswertung des Computers, den der Täter nutzt, zu beschränken. Trotzdem ist es zu begrüßen, dass das Gericht auch hier die hohen Anforderungen bestätigt hat, die es bereits an die Zulässigkeit des "Großen Lauschangriffs" gestellt hatte.

 

Begrüßenswert ist auch, dass die Aufklärung im Internet durch die Verfassungsschutzbehörden das neu geschaffene Grundrecht nicht verletzen darf. So dürfen wohl die für die Nutzung im Internet üblicherweise verwendeten Daten von Sender, System und Empfänger erhoben werden. Es darf aber nicht präventiv und ohne konkreten Anlass in geschützte virtuelle Räume eingedrungen werden.



 
 
 
 
 
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