20.06.2005
Lothar Mark: "Die Union fischt am rechten Rand."
CDU und CSU haben ein weiteres Wahlkampfthema gefunden: Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) fordert Familienpolitik und längere Lebensarbeitszeit statt Zuwanderung. Wenn es um Stimmenfang geht, schreckt die Union vor keinen rechtspopulistischen Äußerungen zurück. Wieder fischt die Union am rechten Rand nach Wählerstimmen, grenzt aus und schürt Ängste.
Der "Welt am Sonntag" sagte Beckstein: „Die Wahl ist eine Richtungsentscheidung, wie wir die demographischen Probleme Deutschlands lösen wollen, mit massenhafter Zuwanderung, wie weite Teile von Rot-Grün es planen, oder ohne Zuwanderung, dafür mit aufwendiger Familienpolitik, längerer Lebensarbeitszeit und permanenter Fortbildung, wie die Union verlangt."
Dem stimmt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU, Wolfgang Bosbach, zu, schließlich stehe die große Mehrheit der Deutschen hinter der Zuwanderungspolitik seiner Partei. Nur spiegele sich das bisher nicht "in der veröffentlichten Meinung wider. Da dominiert die Ansicht, nur Massenzuwanderung könne Rentenkollaps und Vergreisung verhindern. Diesen Irrtum müssen wir ausräumen." Denn Zuwanderung schaffe Probleme, fügte der bayrische Innenminister hinzu, und „verändert das Land keineswegs nur positiv."
Was Beckstein und Bosbach hier betreiben, ist ein klarer Fall von Wählertäuschung. In der Vergangenheit kamen gerade aus Bayern immer wieder Sonderwünsche nach Ausnahmeregeln, beispielsweise für den Zuzug von ausländischen Pflegekräften.
Das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene Zuwanderungsgesetz steuert und begrenzt den Zuzug von Einwanderern nach Deutschland. Der Anwerbestopp für Niedrigqualifizierte wurde beibehalten; der Zuzug von Wissenschaftlern oder Unternehmern ist nunmehr besser geregelt.
CDU und CSU wollen davon nichts wissen. Mehr noch: Beckstein bekämpft neuerdings seine eigenen Positionen. Denn das Zuwanderungsgesetz ist nach zähen Verhandlungen mit der Union, namentlich mit Beckstein selbst, zustande gekommen.
Es gibt keine ernstzunehmende politische Kraft, die heute noch behauptet, Deutschland könnte "ohne" Zuwanderung auskommen. Die Union stellt sich aus durchsichtigen wahltaktischen Gründen außerhalb einer breiten gesellschaftlichen Koalition, die von den Kirchen über die Gewerkschaften bis zu den Unternehmerverbänden reicht.
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Zum Thema:
Widerstand aus der FDP: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) bezeichnet die Äußerungen von Beckstein und Bosbach im "Handelsblatt" vom 20.06.2005 als "Wahlkampfgetöse der ganz üblen Art".
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