30.03.2009
Die Zeit: Der Bahnchef hat seinen Rücktritt angeboten. Sein eigener Hochmut brachte ihn zu Fall
Selbst am Montag, als Mehdorn seinen Rücktritt anbot, wies er Fehler von sich. Einmal mehr tat er so, als laufe eine große Verschwörung gegen seine Person, sprach von einer "Kampagne zur Veränderung der Unternehmensführung und der Unternehmenspolitik".
Wenn man wohlwollend sein will, könnte man sagen, Mehdorn ist sich bis zuletzt treu geblieben. Seit ihn Gerhard Schröder im Jahr 1999 auf den Chefposten der Bahn hob, scheute er keinen Machtkampf.
Seinem großen Ziel – den Börsengang des kompletten Konzerns – opferte er auch alte Weggefährten…Mehdorn drängte Vogel (ehem. AR-Vorsitzender) mithilfe des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder im Frühjahr 2001 aus dem Amt.
Ein ähnliches Schicksal widerfuhr dem glücklosen Verkehrsminister Kurt Bodewig. Schröder entmachtete ihn ungefähr zu der Zeit, in der Vogel seinen Posten räumen musste. Ein Jahr später, nach der Bundestagswahl, war Bodewig nicht mehr Verkehrsminister.
Eigentlich sollte die Preisreform ein wichtiger Schritt zum Börsengang sein, doch statt Gewinnen bescherte sie der Bahn horrende Verluste. Mehdorn blieb stur. Erst im März 2003, nachdem das Kanzleramt interveniert hatte, gab er seine Reform auf.
Vieles funktioniert für Mehdorn über Männerfreundschaften. "Er, Schröder und der damalige Gewerkschaftschef Hansen, das war wie ein Triumvirat", sagt Wacket. (Markus Wacket, Autor des Buches Mehdorn, die Bahn und die Börse.)
Danach musste er aber zwei herbe Niederlagen wegstecken: Im Oktober 2007 legte ein SPD-Bundesparteitag den Börsengang erneut auf Eis, gegen den Willen der Parteispitze. Es folgte der furiose Streik der Lokführer.
Öffentliche Streitigkeiten, betriebswirtschaftliche Fehleinschätzungen, der Tunnelblick auf den Börsengang: Wegen all dem wurde Mehdorn immer wieder mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. Dass er ihnen bislang trotzen konnte, liegt vor allem daran, dass er es verstand, sich mit den Mächtigen zu verbünden.
Seit der Börsengang der Bahn im Herbst der Finanzkrise zum Opfer fiel, fehlt der Beziehung zwischen der Politik und Mehdorn die Geschäftsgrundlage.
Zehn Jahre war Mehdorn Chef der Deutschen Bahn, und am Ende war er so mit dem Konzern verwoben, dass Mehdorn die Bahn verkörperte wie kein anderer. Mehdorn war die Bahn, und das ließ ihn offenbar glauben, die Beziehung sei unverbrüchlich. Jetzt ist klar: Sie war es nicht.
Abs.: Helga Klier (SPD- und DGB-Mitglied)
Weitere Informationen als PDF-Dokument
|