10.04.2009
Frank-Walter Steinmeier: „Neustart für globale Abrüstung – Jetzt beginnt die Arbeit!“
Anlässlich der diesjährigen Ostermärsche erklärt der SPD-Kanzlerkandidat, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier:
Die Ostermärsche dieses Jahres haben eine besondere Bedeutung. Die europäische Bewegung, die vor 50 Jahren mit der Kampagne für nukleare Abrüstung begann, kann nach langen politischen Auseinandersetzungen einen großen Erfolg verbuchen. Das Fenster der Geschichte hat sich geöffnet. Erstmals seit vielen Jahren haben wir die Chance, einen Neustart für globale Abrüstung zu schaffen und den Frieden sicherer zu machen. Die Vision einer atomwaffenfreien Welt – von der SPD im Hamburger Grundsatzprogramm bekräftigt, von der Friedensbewegung immer wieder gefordert, aber von vielen anderen lange Zeit verspottet – ist endlich in der Realpolitik angekommen. Jetzt beginnt die Arbeit, damit wir handfeste Fortschritte machen.
Die Ostermärsche 2009 verstärken den Ruf nach einem mutigen und entschlossenen Neuanfang bei Abrüstung und Rüstungskontrolle. Die Welt hat sich verändert. Zwanzig Jahre nach dem Fall der Mauer und dem Ende des Kalten Krieges werden die Konturen des globalen Zeitalters sichtbar.
Mit den Dogmen der Vergangenheit, mit der Logik von Abschreckung und Abschottung können wir die Zukunft nicht gestalten. An ihre Stelle müssen die Prinzipien von Zusammenarbeit, Dialog und die Definition gemeinsamer Interessen treten. Die Menschheit kann zentrale Probleme nur noch gemeinsam lösen. Darum brauchen wir eine globale Verantwortungspartnerschaft. Jeder Schritt auf diesem Weg ist von Bedeutung.
In einer Zeit, in der immer mehr Staaten sich Atomwaffen verschaffen, steigt die Gefahr neuer Rüstungswettläufe, ebenso wie die Gefahr, dass Massenvernichtungswaffen in die Hände von Terroristen geraten. Für uns besteht kein Zweifel: Das System der nuklearen Abschreckung ist endgültig überholt. Es ist ineffektiv, riskant und unverantwortlich geworden. Diese Einsicht hat die Welt aus dem abrüstungspolitischen Schlummer gerissen.
Jetzt brauchen wir konkrete Schritte und zählbare Ergebnisse, damit Vertrauen wächst und positive Dynamik entsteht. Jetzt müssen wir entschlossene Schritte auf dem Weg zur Vision von „Global Zero“, einer Welt ohne Atomwaffen machen.
Fast 95 Prozent aller nuklearen Sprengköpfe sind im Besitz der USA und Russlands. Sie haben damit die größte Verantwortung. Wir begrüßen und unterstützen die jüngste Erklärung der Präsidenten Barack Obama und Dmitrij Medwedew, die Atomwaffenarsenale massiv zu reduzieren. Wir appellieren an die Regierung Obama, den US-Senat weiterhin entschlossen zur Ratifikation des Atomteststoppvertrags zu drängen. Dieser Schritt kann zum wichtigen Anstoß für die Verbesserung multilateraler Rüstungskontrolle werden. Wir wollen eine Lösung bei der Raketenabwehr in Europa, die keine neuen Gräben aufreißt. Und wir setzen uns für eine Nachfolgeregelung zum START-Vertrag ein, der die Reduzierung und Kontrolle strategischer Atomwaffen regelt und der am 5. Dezember dieses Jahres ausläuft.
Klare Abrüstungsschritte sind auch im Bereich der konventionellen Waffen gefordert. Die Verbote heimtückischer Waffen, wie Streumunition, haben wir auf den Weg gebracht, aber sie müssen jetzt auch durchgesetzt werden. Der Handel mit Kleinwaffen muss effektiv bekämpft werden, denn nach Schätzungen der UN werden jedes Jahr eine halbe Million Menschen durch solche Waffen getötet.
Auch dieses Jahr gehen wieder viele Menschen in Brandenburg auf die Straße, um gegen den geplanten Bombenabwurfplatz in der Kyritz-Ruppiner-Heide zu demonstrieren. Nach vielen Jahren der Auseinandersetzung und nach den erfolgreichen Klagen gegen das „Bombodrom“ ist jetzt der Zeitpunkt für die Bundeswehr gekommen, den Rechtsstreit zu beenden und den Ausstieg aus dem Projekt zu erklären. Die Menschen in der Region brauchen endlich Klarheit.
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