01.09.2009
Erklärung des SPD-Präsidiums zum Antikriegstag am 1. September 2009
Wir erinnern uns am 1. September 2009 an den deutschen Überfall auf Polen vor 70 Jahren. Das nationalsozialistische Deutschland entfesselte 1939 einen beispiellosen Angriffs- und Vernichtungskrieg. Der Zweite Weltkrieg brachte unendliches Leid über die Völker Europas und der Welt. Mord und Totschlag regierten, Hunger, Elend und Angst. In den besetzten Ländern setzte Deutschland einen verbrecherischen Mord an den Völkern ins Werk. Im Holocaust werden Millionen jüdischer Menschen ermordet. Das alles verpflichtet uns, wachsam zu sein gegen jede Form von Rassismus und Menschenverachtung und den Frieden zu suchen und zu sichern. Diese Verantwortung hat bis heute nichts von ihrer Bedeutung verloren.
Im Kampf gegen Hitler waren West und Ost verbündet. „Nie wieder Krieg!“ hieß die Lehre nach 1945. Doch bald schon eskalierte der Gegensatz zwischen Demokratie und kommunistischer Diktatur. Er mündete in den Kalten Krieg und in eine Politik der Konfrontation zwischen Ost und West. Mauer und Stacheldraht gingen auf Jahrzehnte mitten durch Deutschland und Europa.
Der Kalte Krieg und die Teilung Europas wurden erst durch die gewaltlosen Demokratiebewegungen und die friedlichen Revolutionen von 1989 in Polen, der DDR und anderen Ländern überwunden. Seitdem ist Europa in Frieden und Demokratie vereint. Das wiedervereinigte Deutschland ist als anerkannter Partner dabei. Die Mauer fiel, Grenzen öffneten sich, die Bürgerinnen und Bürger Europas begannen eine bessere Zukunft. Mit Blick auf die vergangenen 70 Jahre seit Beginn des Zweiten Weltkrieges ist dieser Fortschritt der größte Gewinn für uns Deutsche und Europäer.
Die deutsche Sozialdemokratie hat viel dazu beigetragen. Sie hatte sich mutig gegen das aufziehende verbrecherische System der Hitler-Diktatur gestellt. Sie hat dann alles dafür getan, die Folgen des Zweiten Weltkrieges zu überwinden. Wie keine andere politische Kraft setzten sich Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dafür ein, dass die Verbrechen des Holocaust nicht verjähren. Mit der Strafverfolgung der Täter kam in den 60er Jahren auch die offene, breite gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Schuldfrage im Nationalsozialismus in Gang. Die SPD ergriff die Initiative, die Nachkriegsgrenzen anzuerkennen und damit eine Schlüsselfrage der Entspannung zu lösen. 1969 setzte Willy Brandt als Bundeskanzler die neue Ostpolitik durch, für die er später mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Diese Politik zielte darauf ab, den Frieden sicherer zu machen, die Konfrontation der hochgerüsteten Militärblöcke in Europa zu überwinden, die Abrüstung einzuleiten und die zwischenmenschlichen Kontakte zu beleben. Aus der Einsicht, dass die innerdeutsche Grenze mit Gewalt und Drohungen nicht einzureißen war, begann die SPD eine weitsichtige Politik der Entspannung, die den Wandel der Nachkriegsordnung in Gang brachte.
Die Entspannungspolitik Willy Brandts ermutigte die Bürgerrechtsbewegungen in Osteuropa und besonders in der DDR und half damit, den Weg zu bereiten für die friedliche Revolution von 1989. Wir erinnern uns daran, dass es die Sozialdemokraten in der DDR waren, die als erste den Monopolanspruch der SED offen herausforderten. Sie haben mitgeholfen, die Teilung Deutschlands zu überwinden, ohne dass Europa zurückfiel in ein Nebeneinander von Nationalstaaten.
Heute ist Deutschland ein anerkanntes und respektiertes Mitglied der europäischen Familie rechtsstaatlicher Demokratien. Dieser Weg, der ehemals erbitterte Feinde und Kriegsgegner zu vertrauensvollen Partnern machte, bestärkt uns in dem politischen Ziel, uns weiter und unermüdlich für Verständigung, Vertrauen, Abrüstung und friedliche Zusammenarbeit in Europa und der Welt einzusetzen. Der 1. September bleibt Mahnung und Aufforderung zugleich, sich für eine friedliche, gerechte und solidarische Welt einzusetzen. Und jeder Form von Rassismus und Diskriminierung von Minderheiten rechtzeitig und entschlossen den Kampf anzusagen.
Die SPD steht für eine wehrhafte Demokratie.
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