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Der Mannheimer Archäologe, Prof. Dr. Alfred Wieczorek, Leiter und Direktor des Mannheimer Reißmuseums, erläuterte am Ostrand von Mannheim-Vogelstang die Siedlungstopographie entlang des alten Neckarlaufs und die Lage von Walahastat superior.
Besonders romantisch, abgelegen von der Hektik der Stadt, lebt man in diesem kleinen Teil Mannheims sehr ruhig. Die Geschichte Straßenheims ist interessant: Die Gemarkung Straßenheim bildet einen nach Süden zugespitzten Keil und kam 1930 zur Stadt Mannheim. Sie nimmt den größten Teil des östlich der Autobahn gelegenen Stadtgebietes ein. Abgesehen von den neu erbauten Häusern besteht der Ortsteil aus fünf Hofgütern, einer kleinen Kirche, der Kapelle St. Maria Magdalena, mit einem ummauerten Friedhof, dem Wasserturm und einigen anderen Gebäuden. Eine durchgreifende Feldbereinigung fand vor der Vermessung 1869 statt, dabei wurde ein völlig neues Wegenetz geschaffen, dabei blieb die Römerstraße im Südosten erhalten.
Bis ins 19. Jahrhundert hinein führte der Altlauf in Gestalt eines Baches noch Wasser. Einige 1995 angelegte Profilschnitte in diesem Bereich haben die Wasserführung bis in die jüngste Zeit nachgewiesen. Noch in vorgeschichtlicher Zeit hatte sich der Neckar ein neues Bett im Süden der Mannheimer Gemarkung gesucht.
In römischer Zeit überquerte bei Straßenheim die von Worms kommende nach Ladenburg und Heidelberg-Neuenheim führende römische Fernstraße den Altlauf des Neckars. Eine hölzerne Brückenkonstruktion wurde in den sechziger Jahren durch Archäologen des Reiss-Museums ausgegraben.
Auf der Uferstrasse nahe der Brücke sind immer wieder neue Mauerzüge, Ziegel und Scherben eines römischen Gebäudekomplexes (Villa rustica oder Straßenstation) entdeckt worden. Südwestlich dieser Fundstelle traten bei Feldarbeiten weitere römische Siedlungsfunde zutage. Die reguläre Ausgrabung dieser Fundstellen steht noch aus. Nördlich des Altlaufes fanden sich weitere römische Siedlungsspuren. Das zugehörige Gräberfeld wir durch die Reste zweier Körperbestattungen in Nord-Süd-Lage markiert, die 1994 innerhalb einer Scheune ausgegraben wurden. In westlicher Richtung, nahe der Autobahn, zeichnet sich durch Einzelfunde eine weitere römische Siedlungsstelle ab. Schon auf dem angrenzenden hessischem Gebiet ist eine Villa rustica gelegen, aus der spätantike Glas- und Keramikfunde der ersten Hälfte und Mitte des 5. Jahrhunderts vorliegen. Die dort aufgefundene römische Straßentrasse führt in Richtung Straßenheim und wird vermutlich zu der oben genannten Fernstraße gehören.
Das frühmittelalterliche Gräberfeld, das seit 1930 auf der Gemarkung Straßenheim in der Sandgrube im Gewann Aue bekannt ist, gehört sehr wahrscheinlich zu einer merowingischen Gründung, der Wüstung Siegerichsheim. Sie lag südlich des Gräberfeldes und des Altlaufes des Neckars bei einem weiteren Übergang über diesen. Im frühen 6. Jahrhundert ist das Gräberfeld angelegt worden.
Zu einem Teil der frühmittelalterlichen Gehöfte Straßenheims dürften die 1968 südlich des Ortes, an der Römerstraße entdeckten Reste von Plattengräbern aus spätmerowingischer Zeit gehört haben. Beim Verlegen von Wasserleitungen konnte in den sechziger Jahren die Ausdehnung des frühmittelalterlichen Siedlungsareals entlang des Neckar-Altlaufes beobachtet werden. Die derzeitigen Grabungen belegen schon jetzt eine dichte Besiedlung vom 6. bis 10. Jahrhundert im Bereich des ehemals bedeutendsten Hofes des Ortsteils, zu dem auch die Kirche zählt.
Dieses Hofgut, der Straßenheimer Hof, gab der gesamten Siedlung den Namen. Als Strazheim werden Hofgut und Kirche in einer Wormser Kloster-Urkunde von 1141 für das Jahr 823 erstmals erwähnt. Die Nennung dürfte auf eine ältere Vorlage zurückgehen. Der Ortsname ist von der römischen Straße hergeleitet. Das heutige einschiffige romanische Kirchlein mit Rechteckchor könnte durchaus über einen älteren, hölzernen Vorgängerbau errichtet worden sein. Die nächste Nennung von Ort und Kirche erfolgte zum Jahr 903, als Kunigunda am 21. November 903 ihren Besitz in Straßenheim samt Gütern in Neuenheim und Westheim an das Kloster Lorsch schenkt. Urkunde 65 von Lorsch gibt als Grenze zur nördlich gelegenen Gemarkung Viernheim ein Sumpfgebiet an, vermutlich in der Rindlache, d.h. mitten im alten Neckarbett.
Über die Größe der Siedlung im frühen Mittelalter ist aus schriftlichen Quellen wenig bekannt. Im 15. -16. Jahrhundert bestand sie im wesentlichen aus drei großen grundherrschaftlichen Höfen, zunächst im Besitz der Familien von Handschuhsheim, Knebel und Cronberg. Da die grundherrlichen Güter als Freigüter angesehen wurden, blieb die territoriale Zugehörigkeit Straßenheims bis zum Ende der Kurpfalz umstritten.
Die St. Maria Magdalena Kapelle ist im Grunde als ehemalige Begegnungsstätte von Lebenden und Toten anzusehen, da rund um die Kapelle auch ein Friedhof angelegt wurde. Die Mauern um den Friedhof sind im 13. Jahrhundert entstanden. Ein solches Kirchengebäude hatte für die Menschen die hier lebten, eine große Bedeutung, denn solch ein Gebäude wurde nicht über die schon damals erhobenen Steuern finanziert. Rekonstruiert wurde auch, dass es hier in Straßenheim vier, maximal 5 Höfe gegeben hatte, auch wurden zwei Brunnenanlagen ausgegraben.
Überrascht war Lothar Mark, als er auf dem historischen Fensterrahmen der ältesten Mannheimer Kapelle den angeschraubten Dachkandelabfluss im steinernen gotischen Sandstein-Fensterrahmen entdeckte. Für eine denkmalgeschütze Kapelle ein Frevel.
Prof. Wieczorek: "Wir haben festgestellt, dass es den Menschen hier nicht immer gut gegangen ist, denn man hat hier außerhalb der Kirche die Überreste von 41 Menschen gefunden, es waren keine alte Menschen. Im 18. Jahrhundert könnte dies geschehen sein, und da diese Menschen außerhalb des Friedhofes begraben wurden, könnte es auch sein, dass die Pest hier gewütet hatte." Wahrscheinlich sei auch, dass alle Menschen von Straßenheim Opfer dieser Seuche wurden. Erst Ende des 18. Jahrhunderts hatte man mit dem Aufbau wieder begonnen.
Dank und Beifall gab es für den Museumsdirektor Prof. Dr.Wieczorek, der auch noch auf einige Fragen der Kulturspaziergänger einging, bevor es mit dem Bus weiter in Richtung Heddesheim ging. Dort wurde die Gruppe von Bürgermeister Michael Kessler und Heimatforscher Michael Schmidt im Rathaus begrüßt.
Zu Fuß ging es dann durch den Ortskern. Michael Schmitt erzählte Interessantes zur Geschichte Heddesheims, die als Tabakgemeinde bekannt wurde, zu den Kirchen, zum Rathaus und zeigte den Kulturspaziergang eine alte Tabakscheune.
Der letzte Programmpunkt war dann Großsachsen wo Bürgermeister Werner Oeldorf selbst die Führung übernommen hatte. Vieles gab es zu sehen, zu hören und vor allem zu lernen. Und auch die dortige Villa Rustica wurde besucht, der Abschluss bildete ein Besuch im Rathaus Leutershausen. Hier war man zu einem kühlen Getränk eingeladen worden. Am Ende bedankte sich Lothar Mark für die Führung und die Bewirtung. Zum Abschluß erklang das Glockenspiel mit dem "Jäger aus Kurpfalz" und dem Badener Lied. Begeistert war man nicht nur von der Musik, auch von der Gastfreundschaft, die man an diesem Tag erfahren durfte.
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