Die Aufregung ist groß - die Enttäuschung noch größer: Mit scharfen Worten haben die freien Wohlfahrtsverbände gestern auf die Haushaltssperre des Bundes reagiert, die auch das Budget der Mannheimer Arge trifft. "Absurd", "nicht nachvollziehbar", "traurig" - das sind noch die harmloseren Vokabeln, die die Vertreter von Caritas und Arbeiterwohlfahrt, von IB, Jüdischer Gemeinde, DGB und Paritätischem Wohlfahrtsverband für die in Berlin angekündigte Mittel-Deckelung fanden. Wie berichtet, fürchtet der Geschäftsführer der Arge, Hermann Genz, hier Ausfälle von 4,5 Millionen Euro - Geld, das man dringend braucht, um Langzeitarbeitslose und Jugendliche an den Arbeitsmarkt heranzuführen. Ein unbegründeter Unmut, wie der SPD-Bundestagsabgeordnete Lothar Mark in einer Pressemitteilung wissen ließ: Es stünden ausreichend Mittel zur Verfügung, um die Eingliederungsmaßnahmen doch "in geplantem Umfang" fortzuführen.
Mark stützt sich dabei auf Einschätzungen der Bundesagentur und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, dort, im Ministerium also, signalisierte man auch dem "MM" inzwischen Entwarnung: Es sei nicht damit zu rechnen, dass Mannheim überhaupt Kürzungen zu verkraften habe. Der Grund: Umverteilungen. Weil andernorts weit weniger Gelder für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen und Jugendlichen ohne Job abgefragt und gebunden wurden als hier in der Stadt, bleibe unterm Strich genügend Geld zum Umschichten. Davon könnte Mannheim profitieren, schließlich gilt die Arbeit der hiesigen Arge als - wie Mark formuliert - "bundesweit vorbildlich". Will sagen: Zusammen mit den Trägerorganisationen hat man hier viel bewegt seit Hartz IV, um Jugendlichen und Langzeitarbeitslosen - etwa über Ein-Euro-Jobs - den Weg in die Arbeitswelt zu bahnen. 90 Prozent der vor der Sperre angekündigten Mittel sind hier bereits für Maßnahmen verplant und gebunden - deutlich mehr als im Bundesdurchschnitt. Das könne auch Berlin nicht übersehen, hofft der SPD-Politiker, spätestens Mitte August müsse Berlin verbindlich über die neue Verteilung der Gelder informieren.
Die Liga der freien Wohlfahrtsverbände, die gestern eigens eine Pressekonferenz einberufen hatte, will sich allerdings nicht vor der Zeit beruhigen. Einmütig entwarfen alle Vertreter ein Schreckenszenario, ein "Was-wäre", wenn mangels Mitteln zum September über 1000 Ein-Euro-Jobs oder sämtliche neuen JumpPlus-Maßnahmen für arbeitslose Jugendliche eingestellt werden müssten. Claus-Peter Sauter, der Vorsitzende der Liga: "Es geht nicht um uns, es geht uns um die Menschen. Aber man darf nicht verkennen, dass hier in der Stadt auch Strukturen zerschlagen würden, die wir Träger zusammen mit der Arge aufgebaut haben." Barbara Kalker vom Caritasverband machte noch einmal deutlich, wie wichtig gerade auch die Arbeit mit den Jugendlichen ist: "Mit JumpPlus haben wir ihnen Perspektiven gegeben, sie sind gefordert. Es wäre ein fatales Signal, wenn es jetzt wieder hieße, fürs Daheimbleiben gibt's Geld." Deutliche Worte auch von Thomas Weichert vom Paritätischen Wohlfahrtsverband: "Wenn vom verkündeten 'Fordern und Fördern' am Ende nur Fordern übrig bliebe, wäre das gesamte Reformkonzept endgültig gescheitert."
Die Ankündigung Marks, es stehe nun doch ausreichend Geld zur Verfügung, stieß auf ein eher verhaltenes Echo. Stefan Rebmann vom DGB fasst es zusammen: "Wir sind erst zufrieden, wenn das Geld tatsächlich überwiesen ist." scho
Mannheimer Morgen 25. Juli 2006
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