Bei der Präsidentschaftswahl in Brasilien am vergangenen Sonntag hat der Amtsinhaber Luiz Inácio Lula da Silva die zur Wiederwahl erforderliche absolute Mehrheit der Stimmen im ersten Wahlgang knapp verfehlt. Der Amtsinhaber von der linksgerichteten Arbeiterpartei PT verpasste entgegen der vorherigen Umfragewerte mit 48,79 % der Stimmen die absolute Mehrheit im ersten Durchgang nur knapp und muss sich nun in einer Stichwahl am 29. Oktober gegen seinen größten Herausforderer, den Mitte-rechts-Kandidaten Gerardo Alckmin von der sozialdemokratischen Partei PSDB, antreten.
„Präsident Lula geht trotz der „Niederlage“ als Favorit in die zweite Runde und hat noch immer sehr gute Chancen auf eine Wiederwahl“ so der Lateinamerikabeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion Lothar Mark. „Es scheint, dass die jüngsten Korruptionsskandale und auch sein viel kritisiertes Fernbleiben in der letzten Fernsehdebatte vor der Wahl ihn „auf der Zielgeraden“ doch noch Stimmen gekostet haben. Die Taten der Regierung, vor allem die Erfolge im sozialpolitischen Bereich sind angesichts der neuen Vorfälle in den vergangenen zwei Wochen nun wieder mehr in den Hintergrund getreten“, so Mark.
Die rund 126 Millionen stimmberechtigten Brasilianer wählten zeitgleich mit der Präsidentenwahl auch ein neues Abgeordnetenhaus, einen Teil des Senates sowie die Gouverneure und Regionalparlamente der Bundesstaaten. Bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus wie auch des Senates war die Zentrumspartei PMDB vor der Partei des Präsidenten PT die stärkste Kraft, dies allerdings bei einem sehr zersplitterten Mehrparteiensystem. Auch im Falle der Gouverneurs- und Landtagswahlen entschieden die Wähler nicht für eine eindeutige Mehrheit. Die Wahlen verliefen den Medien zufolge ohne größere Zwischenfälle.
Lothar Mark: „Für Präsident Lula wird es in der Stichwahl gegen den Herausforderer Geraldo Alckmin sicherlich schwer werden und das Ergebnis ist keinesfalls absehbar. Dennoch sollte man nicht vergessen, dass Lula die absolute Mehrheit wirklich sehr knapp verfehlt hat. In jedem Falle ist die Fortführung der begonnenen Reformpolitiken, insbesondere die Vertiefung und Erweiterung der Sozialprogramme, aber auch einer Land- und Steuerreform sowie der weiteren Bekämpfung der Korruption, eine Hauptaufgabe des neuen Präsidenten. Dies wird angesichts des brasilianischen Mehrparteiensystems und der Mehrheitsverhältnisse im Abgeordnetenhaus keine leichte Aufgabe sein“.
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