Hier können Sie das Interview in portugiesisischer Originalversion lesen.
DAAD: „Herr Mark, Sie sind einer der Bundestagsabgeordneten, die eine besondere Beziehung zu Lateinamerika haben und sich sehr fuer diese Region engagieren. Wie ist Ihre “Liebe” zu Lateinamerika und insbesondere zu Brasilien entstanden?“
Mark: „Die Wurzeln meines Interesses an der Region Lateinamerika reichen weit zurück und liegen bereits in meiner Schulzeit und meinem späteren Studium vor allem der Geografie, der Geschichte und Politologie.
Darüber hinaus wurde mir mit dem Beginn meiner Tätigkeit im Bundestag im Jahr 1998 der damals noch nicht vergebene Arbeitsbereich Lateinamerika und der Karibik im Auswärtigen Ausschuss übertragen.
Dort ist es mir und meinen Mistreitern innerhalb relativ kurzer Zeit durch engagierte Arbeit gelungen, eine Aufwertung dieses so wichtigen Politikfeldes zu erreichen. Dies drückte sich auch in der Einrichtung des Amtes eines Beauftragten für Lateinamerika der SPD- Bundestagsfraktion aus, das ich seitdem ausübe, wie auch in meinem langjährigen stellvertretenden Vorsitz der Deutsch-Brasilianischen Parlamentariergesellschaft.“
DAAD: „Es ist auch bekannt, dass Sie sich in besonderem Masse fuer die Auswaertige Kultur- und Bildungspolitik einsetzen und dabei sehr erfolgreich sind. Wie schaetzen Sie die Bedeutung von Kultur- und akademischem Austausch fuer die auswaertige Politik Deutschland ein?“
Mark: „Die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik kann eine wichtige Aufgabe bei der Krisenprävention und Konfliktbewältigung übernehmen. Akademischer Austausch ist für die Annäherung und Verständigung zwischen den Völkern unerlässlich und darüber hinaus eine nachhaltige Investition in die Zukunft.“
DAAD: „Im August fand in Bonn die dritte Tagung des deutsch-brasilianischen Dialogforums statt, dessen Exekutivkommittee Sie angehoeren. Es gibt wenige Laender, in denen es so intensive Beziehungen zwischen den verschiedenen Akteuren der Zivilgesellschaft gibt, wie zwischen Deutschland und Brasilien. Haben Sie eine Erklaerung fuer diese Dichte der zivilgesellschaftlichen Kooperationen?“
Mark: „Zwischen Brasilien und Deutschland bestehen generell lange, zahlreiche und enge Verflechtungen. Brasilien ist beispielsweise durch die gemeinsamen Auffassungen zu globalen Fragestellungen ein bedeutender Partner für Deutschland in der internationalen Politik.
Zudem verbindet das Land wie auch die gesamte Region Lateinamerika mit Deutschland und Europa auf Grund der vielfältigen politischen, wirtschaftlichen, sprachlichen und kulturellen Bande eine Wertegemeinschaft. Im Süden Brasilien gibt es zudem eine große deutsche Minderheit.
Darüber hinaus wurde - nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieser zahlreichen Berührungspunkte - im Jahr 2002 vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem damaligen brasilianischen Präsidenten Fernando Henrique Cardoso ins Leben gerufen um die bilateralen Beziehungen durch einen gemeinsamen Aktionsplan zu einer strategischen Partnerschaft zwischen beiden Ländern auszubauen. In diesem Rahmen auch das Deutsch-Brasilianische Forum der Zivilgesellschaften angesiedelt, dass sich als übergeordnete Plattform für den Austausch und die Begegnung zwischen zivilgesellschaftlichen Gruppen aus Deutschland und Brasilien versteht.
Ich denke, all dies sind wichtige Gründe für die starke Kooperation zwischen beiden Ländern.“
DAAD: „Wir wuerden uns ueber eine kurze einschaetzung zu den Wahlen in Brasilien freuen.“
Mark: „Ich denke, Präsident Lula hat noch immer gute Chancen auf eine Wiederwahl und geht trotz der „Niederlage“ als Favorit in die zweite Runde. Dass er wider Erwarten nicht bereits im ersten Wahlgang mit der absoluten Mehrheit der Stimmen direkt gewonnen hat, wie es jüngste Umfragen vor dem Wahltag annahmen, lässt vermuten, dass die jüngsten Korruptionsskandale und auch sein viel kritisiertes Fernbleiben in der letzten Fernsehdebatte vor der Wahl ihn „auf der Zielgeraden“ doch noch Stimmen gekostet haben. Die Taten der Regierung, vor allem die Erfolge im sozialpolitischen Bereich sind angesichts der neuen Vorfälle in den vergangenen zwei Wochen nun wieder mehr in den Hintergrund getreten.
Nichtsdestotrotz: Auch wenn es in der Stichwahl gegen den stärksten Herausforderer Geraldo Alckmin sicherlich schwerer werden wird, sollte man nicht vergessen, dass Lula bereits fast 49 % der Wählerstimmen auf sich vereinen konnte, die absolute Mehrheit somit wirklich sehr knapp verfehlt hat.
In jedem Falle bleibt eine Hauptaufgabe des neuen Präsidenten die Fortführung der begonnenen Reformpolitiken, insbesondere die Vertiefung und Erweiterung des Sozialprogramms, aber auch bspw. der Land- und Steuerreform.“
DAAD: „Wie sieht ein normaler Arbeitstag im Leben eines deutschen Bundestagsabgeordneten aus?“
Mark: „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben in der Regel zwei Arbeitsplätze: im Bundestag und im Wahlkreis. Im Wahlkreis machen sie sich ein Bild von den Problemen und Interessen der Menschen vor Ort, beantworten Bürgeranfragen, berichten über ihre Abgeordnetentätigkeit und wirken oft in der Kommunalpolitik mit. All diese Erfahrungen bringen sie dann entsprechend in ihre Arbeit während der Sitzungswochen in Berlin ein.
Für einen reibungslosen Ablauf besitzt die Arbeit während der Sitzungswochen eine klare Grundstruktur mit festen Terminen, die den Arbeitsrahmen bilden. Die Mitarbeit in Fraktions-, Ausschuss- und Plenarsitzungen wird ergänzt durch viele andere Termine wie Fachkonferenzen, Vorträge und Gespräche sowie oftmals Besuchen von Gruppen aus dem Wahlkreis. Ein Arbeitstag beginnt in der Regel oftmals noch vor acht Uhr früh und endet erst in den späten Abendstunden, denn zum Studium der Gesetzestexte, zur Beantwortung der Post oder der Arbeit an einem Redemanuskript kommen die Abgeordneten oft erst nach dem Ende der offiziellen Termine.“
DAAD: „Wann werden wir Sie wieder in Brasilien begrüßen dürfen?“
Mark: „Ich werde voraussichtlich wieder im Frühjahr 2007 im Rahmen einer Reise der Deutsch-Brasilianischen Parlamentariergruppe zu Gast in Brasilien sein.“
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