Die PPP-Stipendiaten, 1. Reihe, zweite von links: Giulia Enders
„2006/2007“ stand auf den Mappen, die beim Vorbereitungsseminar verteilt wurden. Dieses Projekt sollte ein Jahr lang dauern und es war mein Projekt: Ein Jahr in den USA - alles Gewohnte zurücklassen und der Ungewissheit vertrauen.
Ich kam mit dem PPP-Stipendium des Deutschen Bundestages und Amerikanischen Kongresses in die Nähe von Chicago und fand mich dort als „kleine Städterin“ mitten in dem Ort McHenry wieder. Meine Gastfamilie war eine gutherzige, bürgerliche Familie und brachte mich nicht nur in den Genuss von urigem Familiensinn und ihrer Lebensfreude, sondern auch in die ein oder andere ungewöhnliche Situation. Da kam es schon mal vor, dass ich plötzlich zu den Pfadfindern gehörte, zeltete und Jagen ging.
Im Nachhinein bin ich mehr als dankbar für die guten Zeiten und all das Gelernte aus den schlechten: Ich beobachte jetzt genauer und will Dinge erst mal verstehen, bevor ich mir eine Meinung bilde.
Giulia in Illinois
Die High School war auch sehr erlebnisreich: In der Schule gab es viele bunte Projekte, wie zum Beispiel: „Sei ein Repräsentant eines anderen Landes“, „Schweigen für einen Tag“ oder „Joghurt machen“. Neben einer riesigen Auswahl an Fächern wurden auch Sport- und Kunstveranstaltungen organisiert. Sehr gut fand ich, dass es drei Berater an der Schule gab, die nur dafür da waren, den Schülern bei allen möglichen Problemen weiterzuhelfen - vielleicht ist das einer der Gründe für deren Vertrauen in die Zukunft, das dort viel stärker ist als ich es aus Deutschland kannte.
Ich erinnere mich an die vielen Autofahrten mit meinen Freunden, bei denen wir laut irgend welche Lieder mitsangen, an die Familienfeste mit meiner großen Gastfamilie und an vieles mehr.
Giulia (2. Reihe, 3. von links) inmitten ihrer Fußballmannschaft
Dieses Jahr hat mich zu Menschen, Einstellungen und Eindrücken geführt, von denen ich sonst nie gewusst hätte und die ich sicher nie vergessen werde.
Und zu guter Letzt noch die drei Zitate, die mich bei meiner Erfahrung begleiteten:
„Die Welt ist wie ein Buch; wer nicht reist, sieht nur eine Seite.“ „Von einem guten Kuchen ißt man gerne auch den trockenen Boden.“ „Die eigentliche Entdeckungsreise ist nicht das Sehen neuer Landschaften, sondern dass man gewohnte Dinge mit neuen Augen sieht.“
Diesem Jahr, zu dem mir Lothar Mark verholfen hat, verdanke ich es, dass ich solche Aussagen nicht nur verstehen, sondern auch leben kann. Das großzügige Stipendium des Deutschen Bundestages hat mir die Möglichkeit zu etwas gegeben, was ich mir so nie erträumt hätte. Ich denke, ich kann sagen, dass sich mein Horizont erweitert hat und meine Einstellung gegenüber vielen Dingen sehr viel reifer geworden ist.
Giulia beim Abschlussball
Giulia Enders
Das Parlamentarische Patenschafts-Programm wurde 1983 gemeinsam vom Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika und dem Deutschen Bundestag aus Anlass des 300. Jahrestages der ersten deutschen Einwanderung beschlossen. Das PPP ist ein auf Gegenseitigkeit angelegtes Jugendaustauschprogramm. Es wurde vereinbart, dass junge Deutsche ein Jahr in den USA verbringen und junge Amerikaner ein Jahr in Deutschland. Schülerinnen und Schüler leben in Gastfamilien und besuchen eine örtliche Oberschule, junge Berufstätige absolvieren ein Praktikum in einem Betrieb und besuchen eine Berufsschule. Durch diesen Austausch soll der jungen Generation in beiden Ländern die Bedeutung freundschaftlicher Zusammenarbeit, die auf gemeinsamen politischen und kulturellen Wertvorstellungen beruht, vermittelt werden.
Giulia Enders bei den Jugendmedientagen 2006 in Berlin
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