Bei seinem ersten Kulturspaziergang im Jahr 2008 führte Lothar Mark durch den Stadtteil Schönau. Fachkundig unterstützt wurde er dabei durch Tanja Vogel von den Reiss-Engelhorn Museen. Trotz des kalten und trüben Wetters hatten sich fast 70 Spaziergänger mit Regenschirmen gewappnet am Lena Maurer-Platz zusammengefunden. Der Bundestagsabgeordnete freute sich, unter den vielen Interessierten auch Stadträtin Andrea Safferling begrüßen zu können. „Viele Mannheimerinnen und Mannheimer“, führte Lothar Mark in das Thema ein, „haben mich im Vorfeld des Spaziergangs erstaunt gefragt: Kultur? In Schönau?“. Der ehemalige Kulturbürgermeister Mark versprach den Anwesenden, dass der Stadtteil einiges Interessante in dieser Hinsicht zu bieten habe. Stadträtin Safferling pflichtete ihm bei: „Schönau hat sich gewaltig entwickelt“.
Mitte der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts errichtete die GBG hier einfachste Wohnungen, so genannte „grüne Häuser“. Ab den 30er Jahre begann die planmäßige Bebauung im Rahmen des Reichsheimstättengesetzes. Nach 1933 erklärte der NS-Staat Schönau zu einem Vorzeige- und Prestige Objekt. Am Posener Platz begutachteten die Kulturspaziergänger die sogenannten „Fachwerkhäuser“, die in dieser Zeit entstanden waren. Der Posener Platz sollte nach den Planern „durch wechselnde Bauformen anziehend und freundlich“ gestaltet werden, erzählte Tanja Vogel den Teilnehmern und Lothar Mark ergänzte: „Trotz diesem Umstand oder vielleicht gerade deshalb existierte in Schönau eine aktive Widerstandszelle gegen das NS-System. Daher ist es kein Zufall, wenn einige Straßen in Schönau-Nordost Namen von Widerstandskämpfern tragen. Wir können stolz sein, dass es immer wieder Menschen gab, die vom NS-Regime nicht überzeugt waren und verfolgten Mitmenschen Unterschlupf boten“.
Bei Regen trafen die Kultur-spaziergänger in der evangelischen Emmaus-Kirche ein. Anne Döbler, Mitglied der Gemeinde, erzählte kurzweilig über deren Geschichte und Aktivitäten. Schon in der zweiten Hälfte der 30er Jahre war das evangelische Gemeindehaus entstanden. Kirche und Pfarrhaus wurden in den 50ern angebaut. Im Inneren zieren eine flache Holzdecke und eine Holzempore den schlichten Raum. Die einfache Gestaltung des Gotteshauses und die traditionelle Bauformen sind für die Entstehungszeit typisch.
In der Schönau-Schule wurden die Teilnehmer von der Schulleiterin Frau Monika Fuchs erwartet, die, unterlegt mit einer gut zusammengestellten Bilderreihe, über die Architektur und Geschichte der Schule erzählte. 1941 wurde die Schule als „Hans-Schlemm-Schule“ eingeweiht, nach dem Krieg dann in „Schönau-Schule“ umbenannt und von den Schönauern heute liebevoll als „Alt-Schönau-Schule“ bezeichnet. Viele interessante Anekdoten hatte die Schulleiterin parat.
Weiter ging es, geschickt vorbei an Regenpfützen, entlang der Kollwitzer Straße zur Katholischen Kirche Guter Hirte und zu einem kurzen Abstecher in den Karlsberger Weg.
Letzte Station des Kulturspaziergangs bildete der Schönauer Bunker im Danziger Baumgang, der 1938 in Bau ging. Lothar Mark begrüßte dort die beiden Vorsitzenden der Kultur- und Interessensgemeinschaft Schönau, Heinz Nuber und August Mehl. Von ihnen stammt die Idee, im Bunker ein Museum zu errichten und wurde beim Anblick alter Haushaltsgeräte bei einem Vereinsausflug geboren. Lothar Mark betonte, dass das Bunkermuseum vollkommen auf privater Basis finanziert wird und warb um finanzielle Unterstützung für das erste Bunkermuseum in Baden-Württemberg: “Wenn man die Geschichte des Nationalsozialismus verstehen will, muss man sich auch mit den Bunkern beschäftigen“. In Mannheim gibt es so viele Bunker wie sonst nirgendwo bezogen auf die Einwohnerzahl. Die Bunker sind daher „Indiz dafür, dass viele Mannheimer nicht an den Endsieg geglaubt haben“, so Mark. Mit einem interessanten Film über die Geschichte des Bunkers endete die gemeinsame Unternehmung. Als die Kulturspaziergänger aus dem Bunker ins Freie traten, glitzerten Pfützen im Sonnenschein. Ein Ehepaar aus der Gartenstadt stellte fest: „Die Kulturspaziergänge mit Lothar Mark lohnen sich immer. Wir sind hier bei jedem Wetter dabei.“ Der nächste Kulturspaziergang mit Lothar Mark findet am 15. Juni durch den Stadtteil Käfertal statt.
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