von Martin Tangl
Um 20.50 Uhr stand das vorläufige amtliche Endergebnis fest: Prof. Dr. Egon Jüttner (67) aus Sandhofen zieht als Abgeordneter direkt in den Bundestag ein. SPD-Kandidat Stefan Rebmann (47), der DGB-Kreisvorsitzende aus Schwetzingen, hat das Rennen um den direkten Einzug in den Bundestag klar verloren. Am späten Abend kam es noch schlimmer. Er schaffte es auch nicht über die baden-württembergische Landesliste ins Parlament. Trotzdem ist Mannheim in den kommenden vier Jahren wahrscheinlich stark in Berlin vertreten: Mit Dr. Birgit Reinemund (FDP), Dr. Gerhard Schick (Grüne) und Michael Schlecht (Die Linke) sitzen künftig voraussichtlich vier Abgeordnete aus der Quadratestadt im Bundestag.
"Für Mannheim und die SPD eine absolute Katastrophe", kommentierte SPD-Kreisvorsitzender Wolfgang Katzmarek die historische Niederlage seines Genossen Rebmann. CDU-Kreisvorsitzender Claudius Kranz dagegen strahlte: "Unsere Rechnung ist aufgegangen."
Gerade als im Fernsehen Frank-Walter Steinmeier, der Spitzenkandidat der SPD, seine "bittere Niederlage" eingestand, erschien im Stadthaus N 1 um 18.40 Uhr auf dem Computer von Linda Korselt im Pressezentrum die erste Auszählung aus Mannheim. Der Scharhof hat es wieder einmal am schnellsten geschafft: Und gleich zum Start übernahm Jüttner die Führung. 187 Scharhöfer haben ihn gewählt. Sein SPD-Konkurrent Stefan Rebmann kam hier im äußersten Mannheimer Norden nur auf 53 Stimmen - und erhielt im Laufe des langen Abends auch nie den Hauch einer Chance, den Rückstand aufzuholen.
Schon nach der Auszählung von zehn Wahlbezirken, als Jüttner bereits die 3000er-Marke anpeilte, hatte Rebmann gerade mal mit knapp 1600 Voten die Hälfte geschafft. Der Vorsprung wuchs und wuchs - knapp 10 000 Stimmen erreichte Jüttner, nachdem 40 Bezirke ausgezählt waren. Da kratzte Rebmann noch an den 7500. Und es war kurz vor 19.30 Uhr, als Rebmann resignierend erklärte: "Das ist geloffe."
Auf dem Bildschirm war ganz klar zu sehen, dass Jüttner bei nahezu jedem Bezirk mit den Erststimmen klar vor den Zweitstimmen für seine CDU lag. Das Motto "Ein Mannheimer für Mannheim" hat gezogen. Viele Bürger haben Jüttner deshalb gewählt - und bei der Partei durchaus auch mal eine andere Karte gezogen. "Mit Jüttner haben wir einen Kandidaten aus Mannheim ins Rennen geschickt. Das war unsere Chance", freute sich Claudius Kranz. Die Union habe aus dem Fehler gelernt, als sie bei der Oberbürgermeisterwahl 2007 einen Bewerber aus Karlsruhe nominierte. Und weiter habe die Mannheimer CDU bewiesen: "Wir sind wieder kampagnenfähig", betonte Kranz, die Partei sei im Wahlkampf hoch motiviert gewesen. Das SPD-Ergebnis hat für ihn "eine historische Dimension", erstmals werde Mannheim wohl nicht durch einen Sozialdemokraten im Bundestag vertreten. Wolfgang Katzmarek mit Erklärungsversuchen: "Der Generationswechsel von Lothar Mark zu Stefan Rebmann, dazu der katastrophale Bundestrend der SPD - das hält die stärkste Hochburg nicht aus."
Mannheimer Morgen, 28. September 2009
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