von Martin Tangl
"Es schmerzt, das tut richtig weh", lässt uns Stefan Rebmann (47) nach dem SPD-Desaster bei der Bundestagswahl in seine politische Seele blicken. Es herrscht tiefe Depression, auch wenn sich die Genossen nach außen kämpferisch geben. Aber angesichts der herben Niederlage des DGB-Kreisvorsitzenden als Direktkandidat gegen Prof. Dr. Egon Jüttner (67) von der CDU ist die sozialdemokratische Basis und die Parteispitze tief enttäuscht, ja teilweise entsetzt. Und weil die Genossen in Baden-Württemberg auch noch unterirdisch abgeschnitten haben, reicht nicht mal der sicher geglaubte 17. Platz auf der Landesliste für Rebmann, um den Sprung nach Berlin doch noch zu schaffen. Gestern Abend traf sich der geschäftsführende Vorstand zu einer ersten Analyse.
Die SPD-Führung mit dem Kreisvorsitzenden Wolfgang Katzmarek sucht nach Erklärungen, spart dabei nicht mit Kritik an der Landespartei und ihrer Vorsitzenden Ute Vogt, sinnt aber auch über die politischen Ursachen nach: "Warum wählen uns die Menschen nicht mehr?", fragt sich Katzmarek. Das werde die Mannheimer SPD jetzt in aller Ruhe in den Ortsvereinen und im Vorstand diskutieren. Rebmann macht seiner Partei im Wahlkreis 275 Mut: "Wir sind abgestraft worden. Aber wir holen das Ding in vier Jahren zurück." Dazu brauche die SPD "das Fundament der Kommunalpolitik", sagte Katzmarek mit Blick auf die Fraktion im Gemeinderat.
Kampa-Lob im "Rampenlicht"
Im "Rampenlicht" am Alten Meßplatz haben sie sich am Abend dieser historischen Niederlage alle versammelt, die sozialdemokratischen Parteioberen und ihre Wahlkämpfer: Wolfgang Katzmarek, Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz, seine Dezernentin Gabriele Warminski-Leit-heußer, der Europa-Abgeordnete Peter Simon, Fraktionschef Dr. Stefan Fulst-Blei - und der scheidende SPD-Bundestagsabgeordnete Lothar Mark. Mit Applaus wird Rebmann in ihrer Mitte begrüßt. Der gescheiterte Kandidat, erstmal ratlos: "Es hat nicht gereicht." Da könne ein Egon Jüttner allein mit seinem Namen und fast ohne Wahlkampfveranstaltungen der Mannheimer Sozialdemokratie so einfach das Direktmandat abjagen. Dabei habe man doch selbst die gesamte SPD-Bundesspitze nach Mannheim geholt, blickt Katzmarek fragend zurück. "Und wir haben 480 Wahlkampfauftritte organisiert, eine klasse Sache", lobt Rebmann sein Kampa-Team. "Hat aber alles nichts genützt. Jetzt hat es uns in Mannheim voll erwischt", seufzt der Kreisvorsitzende.
Allerdings sieht Lothar Mark auch Versäumnisse seiner Genossen: "Die Mannheimer SPD war nicht kampagne-fähig." Dabei kritisiert er den ein oder anderen Ortsverein: "Überall in der Stadt hingen Jüttner-Plakate, und ich habe auf Fahrten durch einige Stadtteile kaum welche von uns gesehen - da haben wir mit Stefan nicht ausreichend dagegen gehalten, um ihn bekannter zu machen."
Dann geht's gleich weiter mit der Ursachenforschung. "Ich gratuliere Gerhard Schick von den Grünen für den erneuten Einzug in den Bundestag, aber über die zahlreichen Erststimmen für ihn hab' ich mich nicht gefreut", sagt Rebmann. Einer seiner Wahlkämpfer wird deutlicher: "Wir hätten in Baden-Württemberg mit den Grünen eine gezielte Erststimmen-Kampagne machen müssen." Dann hätten die Stuttgarter Genossen den Grünen Özdemir unterstützt - und in Mannheim hätte eine gemeinsame Taktik im Gegenzug Stefan Rebmann genützt. "Aber die SPD mit Ute Vogt hat da keine Absprachen hingekriegt - auch um Überhangmandate der CDU zu verhindern", schimpft der Sozialdemokrat. Seine Parteifreundin aus der Neckarstadt sieht aber auch politische Gründe für die Niederlage: "Hartz 4, Rente mit 67, die SPD muss endlich begreifen, dass die Mehrheit links liegt - und nicht versuchen, die bessere CDU zu sein."
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