Von Peter Reinhardt
Cem Özdemir ist allein auf dem Stuttgarter Marienplatz auf Wählerstimmenfang. Von der SPD-Kandidatin Ute Vogt kann er nicht auf Unterstützung hoffen.Foto: lsw Stuttgart - Projekt 38“ nennt Generalsekretär Thomas Strobl als einziges Ziel der baden-württembergischen CDU bei der Bundestagswahl am 27. September. „Wir haben die realistische Chance alle 38 Wahlkreise direkt zu gewinnen“, setzt Strobl auf einen historischen Sieg. SPD und Grüne erleichtern ihm das Geschäft, da sie sich nicht auf eine gemeinsame Strategie im Kampf um die Direktmandate verständigen können.
Unterstützung
„Strategisch wäre es sinnvoll“, sagt ein SPD-Bundestagskandidat. Er meint eine wechselseitige Unterstützung von Grünen und SPD in Wahlkreisen mit knappen Mehrheitsverhältnissen. Das Kalkül: Die Grünen helfen den SPD-Kandidaten in Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe und Stuttgart II mit Erststimmen aus. Im Gegenzug begehrten die Grünen aber Unterstützung der SPD für ihren Bundesvorsitzenden Cem Özdemir, der im Wahlkreis Stuttgart I ohne Absicherung auf der Landesliste um das Direktmandat kämpft.
Harald Ebner, Direktkandidat der Grünen im Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe meint: „Das ist eine strategische Sache, über die man schon nachdenken kann. Allerdings muss man das wahlkreisspezifisch sehen. Vor einigen Jahren hätte das noch Sinn gemacht, als SPD-Kandidat Hermann Bachmaier die Chance hatte, von Stetten zu packen. Bei uns im Wahlkreis gibt es aktuell aber keine Bestrebungen in dieser Hinsicht. Auf mich ist auch noch niemand zugekommen.“
In Stuttgart ist SPD-Landeschefin Ute Vogt Özdemirs Gegenspielerin. Die Vorsitzende will auf keinen Fall dem Grünen helfen. Zumal sie sich selbst Chancen ausrechnet, gegen den unerfahrenen CDU-Bewerber Stefan Kaufmann und dem selten präsenten Özdemir den Wahlkreis direkt zu erobern.
Die Folgen der rot-grünen Blockade könnten weitreichend sein. Gewinnt die CDU bei einem niedrigen landesweiten Prozentergebnis in Baden-Württemberg alle Wahlkreise, erringt sie viele Überhangmandate. Die könnten nach Ansicht von Experten am 27. September zwischen den politischen Lagern den Ausschlag für die Mehrheitsverhältnisse im neuen Bundestag geben.
„Es gibt keine Absprachen“, betont SPD-Generalsekretär Peter Friedrich. Er gießt mit einem Hinweis an die Wähler weiteres Öl ins Feuer: „Jede Erststimme für die Grünen ist eine verschenkte Stimme.“ Immerhin bestätigt Friedrich, dass die Sache zwischen mehreren Kandidaten diskutiert wurde. „Ein paar Grüne haben vor Ort Andeutungen gemacht.“ Aber zu oft hätten die Südwest-Grünen zuletzt ihre Vorliebe für die CDU als Partner erklärt.
Keine Geschenke
Grünen-Landeschef Daniel Mouratidis bestreitet dagegen sogar Gespräche mit den Sozialdemokraten. „Wir haben keine Stimme zu verschenken, auch nicht die Erststimmen“, wahrt er die Distanz zum einstigen Wunschpartner SPD. 2005 hatte die SPD vier Wahlkreise direkt gewonnen. Neben Lothar Mark in der Hochburg Mannheim waren dies Ute Kumpf in Stuttgart-Nord, Staatsminister Gernot Erler in Freiburg und Gesundheits-Staatssekretärin Marion Caspers-Merk in Lörrach. Trotz der miserablen Umfragen will Friedrich den Bestand wahren und setzt auf weitere Siege in Heidelberg, Karlsruhe und für Vogt in Stuttgart-Süd. Auch wenn selbst SPD-Leute befürchten, dass sogar die Hochburg Mannheim fallen könnte, meint er: „Die CDU kann sich ihr Projekt 38 abschminken.“
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