Die letzte Kulturfahrt in diesem Jahr unter der Leitung des Mannheimer Bundestagsabgeordneten Lothar Mark ging im Oktober in die nahe gelegene Pfalz und führte den Teilnehmern abermals vor Augen, dass das Erstaunliche und Schöne oft recht unbemerkt „vor der eigenen Haustür“ liegt. Das Anliegen Lothar Marks findet sich so erneut bestätigt, auch Mannheimern die Region rund um die Stadt Mannheim vertraut zu machen.
Der Weg führte am frühen Vormittag nach Grünstadt, einer kleinen Stadt in der Pfalz, mit dem selbst regionalgeschichtlich Interessierte recht wenig anzufangen wissen. Die Erklärungen von Lothar Mark während der Busfahrt zeigten allerdings, dass sich dort viel Geschichtsträchtiges finden lassen würde.
Am Heimatmuseum von Grünstadt, dem ehemaligen alten Rathaus, empfing der Vorsitzende des Altertumsvereins Grünstadt und Leiter des Museums, Otmar Jotter, die „Kulturfahrer“. Er erzählte unter anderem über die ehemalige Münze vis à vis des Rathauses, unter dessen ehemals offenen Arkaden auch der Markt abgehalten wurde. Ein Blick in die Ausstellungsräume des jetzigen Heimatmuseums machte anschaulich deutlich, wie sich der Alltag der Menschen vom 18. Jahrhundert bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts abgespielt und auch verändert hatte. Von Möbeln über Küchengeräte und Spielzeug bis hin zu Geschirren der Grünstadter Steinzeugmanufaktur präsentiert die Sammlung ein detailfreudiges Bild vergangener Zeiten. Teile der zur Zeit des Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz in Frankenthal angesiedelten Porzellanmanufaktur, z. B. Bozetti und Model, gelangten nach deren Auflösung 1799 nach Grünstadt und bildeten im Besitz der Familie v. Recum einen Teil des Grundstocks der Manufaktur zur Herstellung von Steinzeug.
Im Anschluss an den Museumsbesuch des Museums führte Otmar Jotter und die Gäste durch die Innenstadt, die im Zentrum des Leininger Landes liegt. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Ort bereits im 9. Jahrhundert. Seit dem Mittelalter bildete der Ort bereits einen stark frequentierten Marktflecken, da er nahe den alten Römerstraßen gelegen war.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde Grünstadt dann Residenz der Leininger. Aus dieser Zeit stammen die Leininger Schlösser, der Leininger Oberhof und der Unterhof. Die Teilnehmer der Kulturfahrt konnten sich selbst davon überzeugen, dass auch Innenarchitektur, -ausmalung und –ausstattung zum Teil erhalten geblieben sind. Wahrzeichen der heute ca. 14.000 Einwohner zählenden Stadt ist die Martinskirche, die wie große Teile Grünstadts den Verwüstungen des Pfälzischen Erbfolgekrieges am Ende des 17. Jahrhunderts zum Opfer gefallen war.
Ursprünglich bis in die Gotik zurückreichend, ist der älteste Teil heute der Turm, während die gesamte Kirche nach den Zerstörungen im barocken Stil wieder aufgerichtet wurde. Im Zweiten Weltkrieg brannte die Kirche aus und wurde im Inneren nach dem Krieg weitestgehend im Stil der 50er Jahre gestaltet.
Nach einer höchst informativen fachkundigen Führung bedankte sich der Mannheimer Bundestagsabgeordnete bei Otmar Jotter, der die Gruppe ganze zwei Stunden ehrenamtlich durch die Stadt geführt hatte, in denen sich keiner gelangweilt hatte.
Danach führte die Kulturfahrt weiter nach Freinsheim. An der Weinstraße gelegen, war diese Stadt den meisten Teilnehmern an der Fahrt bereits vertrauter, sicher auch wegen ihres malerischen, teilweise mittelalterlichen Erscheinungsbilds in Form der erhaltenen Stadtbefestigung.
Im barocken Rathaus in der Altstadt empfing der ehrenamtliche Stadtbürgermeister Klaus Bähr die Gruppe. Der attraktiven Weingegend entsprechend offerierte der Stadtbürgermeister den „Kulturfahrern“ ein Glas Wein und stimmte sie auf die Führung durch den Ort Freinsheim ein. Er selbst übernahm es als gebürtiger Freinsheimer gerne, der Gruppe auf sehr persönliche informative Weise den geschichtsträchtigen Weinort näher zu bringen.
Kraft seines Amtes war es ihm möglich, Lothar Mark und seiner Gruppe das „Innenleben“ zahlreicher historischer Bauwerke buchstäblich zu erschließen. So blieb ein eindrückliches Bild der ehemaligen Wehrtürme, die heute zum Teil mit ihren Räumlichkeiten für Veranstaltungen oder zu Wohnzwecken genutzt werden.
Im Gegensatz zu der Stadt an sich überstand das steinerne mittelalterliche Festungswerk, das auf die Kurfürsten von der Pfalz im Streit mit den Leininger Fürsten zurückgeht bis auf die hölzernen Wehrgänge, die ein Opfer der Flammen wurden, den Pfälzischen Erbfolgekrieg unbeschadet. Das Gebäude bildet heute so eine große Besonderheit in dieser Region. Aber auch der „gewachsene“ Verlauf der schmalen Gassen, an die zahlreiche Bürgerhäuser und Palais aus dem 18. Jahrhundert grenzen, weist auf das Alter des Ortes hin. Klaus Bähr schilderte in anschaulicher Weise Energieleistung und Mühen, die seit langen Jahren mit der denkmalgerechten Sanierung von Freinsheim einher gehen und der Kleinstadt zu seiner heutigen Attraktivität verholfen haben.
Den Schlusspunkt der Kulturfahrt bildete ein Besuch der Galerie Zulauf in der Altstadt von Freinsheim und der dort momentan gezeigten Emil Schumacher-Ausstellung.
Dr. Günther Zulauf, Inhaber der Galerie, vermittelte den Besuchern das Werk Emil Schumachers in historischem Ambiente.
So wurden am Ende dieses Tages nochmals Historie und Moderne zusammen-geführt. Lothar Marks Erläuterungen zu den landschaftlichen Gegebenheiten und Besonderheiten rund um Grünstadt und Freinsheim rundeten die Kulturfahrt ab, so dass sich alle Teilnehmer der Fahrt zurück in Mannheim zufrieden bei Lothar Mark bedankten. Es bleibt die Vorfreude auf weitere Kulturfahrten im Jahr 2006.
Bericht: Tanja Vogel
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